16.06.2023 | Bauwesen, Politik, Recht

Bundesrat stimmt Änderung der Ver­gabeverordnung zu

Planende Berufe erwarten massive Verwerfungen im deutschen Planungsmarkt

Der Bundesrat hat in seiner heutigen Sitzung mehrheitlich einer Verordnung der Bundes­regierung zugestimmt, der durch eine Änderung der Ver­gabeverordnung voraussichtlich dazu führen wird, dass nahezu alle öffentlichen Planungsaufgaben künftig nach den Regeln des EU-Rechts vergeben werden müssen. Insbesondere die Kommunen als größte öffentliche Auftraggeber werden hiermit auf­grund fehlender Kapazitäten oftmals überfordert sein, worauf auch die Kommunalen Spitzenverbände hingewiesen haben.

Die Verfahren werden sowohl für die Auftraggeber- wie für die Auftragnehmerseite deutlich aufwändiger und werden damit erheblich mehr Zeit in Anspruch nehmen. Die Kammern und Ver­bände der planenden Berufe befürchten daher, dass es zukünftig vermehrt zu Total- und Generalunternehmervergaben kommen wird. Die Folge wäre eine Existenzgefährdung für die mittelstandsgeprägte Planungswirtschaft in Deutsch­land.

Der geplanten Änderung der VgV liegt ein Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission zugrunde, die in der bisher gültigen deutschen Regelung einen Verstoß gegen die europäischen Ver­gaberichtlinien sieht. Die Planer­ver­bände hatten hingegen geltend gemacht, dass den zu erwartenden negativen Auswirkungen kein er­kenn­barer Vorteil im Sinne einer Stärkung des europäischen Binnenmarkts gegenüberstehe, und gefordert, dass sich der Europäische Gerichtshof mit dem Thema befassen sollte. Mehrere Bundesländer hatten sich dem angeschlossen, blieben aber bei der heutigen Abstimmung in der Minderheit.

„Wir bedauern es sehr, dass nach dem Bundestag auch der Bundesrat den Weg dafür frei gemacht hat, den gut funktionierenden Planungsmarkt in Deutsch­land massiv zu gefährden,“ meint Andrea Gebhard, Präsidentin der Bundes­architekten­kammer. „Wir werden jetzt mit der Bundes­regierung und den öffentlichen Auftraggebern, insbesondere den Kommunalen Spitzenverbänden, unsere Ge­spräche weiter fortsetzen und intensivieren, mit welchen Mitteln die negativen Folgewirkungen der Änderung der Ver­gabeverordnung so gering wie möglich gehalten werden können.“

Auch Dr.-Ing. Heinrich Bökamp, Präsident der Bundes­ingenieur­kammer, befürchtet massive Auswirkungen auf die planenden Berufe und eine Vielzahl dringend benötigter Bauprojekte in Deutsch­land. „Es ist überaus bedauerlich, dass sich sowohl Bund als auch die Länder gerade in diesen herausfordernden Zeiten nicht schützend vor die kleinen und mittleren Büros stellen. Diese bilden bislang das Rückgrat der deutschen Planungslandschaft und werden vor dem Hintergrund von Bau- und Energiewende dringender denn je benötigt. Eine qualitativ hochwertige und flächendeckende Leis­tungserbringung kann jedoch nur unter fairen Rahmen­bedingungen gewährleistet werden,“ so der Präsident der Bundes­ingenieur­kammer abschließend.

Unterzeichnende Kammern und Ver­bände:
Bundes­architekten­kammer, Bundes­ingenieur­kammer, Bund Deutscher Architekt­innen und Architekten, Bund Deutscher Baumeister Architekten und Ingenieure, Bund Deutscher Innen­architekten, Bund Deutscher Landschafts­architekten, Bundesverband Freier Berufe, Bundesverband der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure, Bundesvereinigung der Prüfingenieure für Bautechnik, DAI Verband Deutscher Architekten- und Ingenieurvereine, Deutsche Akdademie für Städtebau und Landes­planung, Ausschuss der Ver­bände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung, Förderverein der Bundesstiftung Bau­kultur, Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landes­planung, Vereinigung frei­schaf­fender Architekten Deutsch­lands, Verband Beratender Ingenieure, Verband Deutscher Vermessungsingenieure, Zentralverband der Ingenieurvereine

 


Cathrin Urbanek
Referatsleiterin Öffentlichkeits­arbeit, Architekt­in

Bundes­architekten­kammer e.V.
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