Quartiere im Kreislauf. Zwischen Taunus und Frankfurt
Objekt | Lachgraben-Quartier, 65931 Frankfurt am Main / Steinbach-Ost, 61449 Steinbach / Praunheim, 60488 Frankfurt am Main / Neu-West-Stadt (Nordweststadt), 60439 Frankfurt am Main |
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Bauvorhaben | Quartiersplanung / Stadtentwicklung |
Typologie | Stadterweiterung |
Architekten | CITYFÖRSTER Part mbB Architekten, Ingenieure +Stadtplaner, Hannover, www.cityfoerster.net mit urbanegestalt Part GmbB, Köln, www.urbanegestalt.de |
Bauherren | Stadt Frankfurt am Main |
Fertigstellung | Seit 2020 |
Auszeichnungen | Anerkennung auf dem Gebiet einer resilienten, gemeinwohlorientierten Daseinsvorsorge, Auszeichnung Vorbildlicher Bauten im Land Hessen 2023, verliehen vom Land Hessen und der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen |
Beurteilung der Jury
Das Stadtentwicklungskonzept zielt darauf ab, städtisches Wachstum mit der Etablierung von Kreisläufen zu verbinden. Wichtige Grundgedanken sind dabei ein fairer und nachhaltiger Umgang mit Boden, Wasser, Energie und Material. Der Entwurf stellt sich der Herausforderung, wie auf dem bisher landwirtschaftlich geprägten Untersuchungsgebiet am Rande von Frankfurt bis zu 10.000 Wohnungen und 8.000 neue Arbeitsplätze entstehen könnten. Im Zentrum steht dabei das Prinzip „Landschaf(f)tStadt“, das den Freiraum in den Mittelpunkt des städtebaulichen Entwurfes stellt. Der Freiraum definiert die Größe und Struktur des bebauten Raumes mit den Talenten des Ortes, um so die Qualitäten im Hinblick auf mikroklimatische Funktionen, Regenwassermanagement und Artenvielfalt zu sichern sowie Orte für Dialog, Gemeinschaft, Erholung und Freizeit zu schaffen.
Um möglichst viel Landschaft zu schonen – 75 Prozent des Untersuchungsgebiets bleiben unbebaut –, wurde die Bebauung auf kompakten Flächen untergebracht. Im Nordwesten des Planungsgebietes wird eine „koproduktive Landschaft“ vorgeschlagen, die auch eine neue Perspektive für die landwirtschaftliche Entwicklung aufzeigen soll. Die Täler von Urselbach, Lachgraben und Steinbach formen die Quartiere. Sie bilden die wichtige Grundlage für ein detailliert entwickeltes Konzept der blau-grünen Infrastruktur, schaffen Verbindungen in Ost-West-Richtung und mildern die Barrierewirkung der Autobahn.
Die U-Bahnen und Stadtbahnen bilden das Rückgrat der Quartiere. Das Erweiterungsgebiet „Steinbach-Ost“ schließt direkt an die schon vorhandene S-Bahn-Trasse an. Östlich der Autobahn wird das Netz durch die Verlängerung der Frankfurter U-Bahnlinie 7 und der Regionaltangente West ergänzt. Die Straßen sind für Fußgänger und Radfahrer vorgesehen. Autos bewegen sich langsam durch die Quartiere und Teilbereiche davon sind autofrei. Gebaut werden soll von Baugemeinschaften, Genossenschaften und insgesamt von vielfältigen Nutzergruppen.
Die Jury ist sich dessen bewusst, dass eine Stadtentwicklung „auf der grünen Wiese“ kontroverse Debatten bezüglich Flächenverbrauch, Versiegelung und Freiraumnutzung hervorruft. Dem steht jedoch die Notwendigkeit der Schaffung bezahlbaren Wohnraums gegenüber, der entsprechend aktueller Entwicklungsprognosen in Frankfurt nicht allein durch Nachverdichtung entsprochen werden kann. Stadterweiterung ist in Frankfurt folglich unausweichlich. Überzeugend an dem Vorhaben ist nicht nur der landschaftsarchitektonisch-räumliche Entwurf, sondern auch das mutige und engagierte Vorgehen der Stadt, sich den mit dem Vorhaben einhergehenden Debatten konsequent zu stellen.