
Nachhaltigkeit – Mehrwert für die Zukunft schaffen
Das Prinzip der Nachhaltigkeit genießt in Hessen einen hohen Stellenwert. Im Oktober 2018 wurde es als eigenständiges Staatsziel in der hessischen Verfassung verankert. Damit wurde für alle staatlichen und kommunalen Handlungsfelder reklamiert, dass Gestaltungsspielräume der heutigen Generationen nicht zulasten der künftigen Generationen ausgenutzt werden dürfen. Was bedeutet dies für den Planungs- und Bauprozess?
Nachhaltiges Planen und Bauen heißt, die sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Aspekte eines Projekts ganzheitlich zu betrachten und so zu vereinen, dass heute und in der Zukunft materielle und immaterielle Werte sowie Ressourcen und Umwelt geschützt werden.

Durch Planungen werden heute die Weichen für morgen gestellt. Wie wollen wir zukünftig leben? Welche Werte leiten das Handeln? Architekt*innen, Innenarchitekt*innen, Landschaftsarchitekt*innen und Stadtplaner*innen prägen mit ihrer Arbeit langfristig Städte, Landschaften und Regionen. Ihnen kommt gemeinsam mit ihren Auftraggeber*innen, der Bauindustrie und dem Handwerk eine besondere Verantwortung zu. Erst ein Gebäude, das sich aufgrund seiner architektonischen Qualität über Jahrzehnte in der (Um-)Nutzung bewährt, ein Quartier, das kompakt in der Struktur flexibel unterschiedliche Entwicklungen ermöglicht, ein Freiraum, der den Bedürfnissen von Menschen und Umwelt entspricht, wird dem Nachhaltigkeitsgedanken gerecht und ist im Sinne der Gesellschaft werthaltig.
Nachhaltiges Planen und Bauen ist eine Gemeinschaftsaufgabe. Nachhaltiges Umsteuern braucht Ideen und Kreativität. Architekt*innen, Innenarchitekt*innen, Landschaftsarchitekt*innen und Stadtplaner*innen können Impulsgeber, ihre Projekte Katalysator auf dem Weg gelebter Nachhaltigkeit sein.
Die Aufgabe ist keine geringere, als die materielle Grundlage unserer Zivilisation umzugestalten. Die große Barriere liegt in unseren Köpfen – wir können uns eine nachhaltige Zukunft, nachhaltiges Bauen für die Zukunft noch nicht vorstellen. Auf einem Planeten mit viel Armut ist der Mangel an Vorstellungskraft die größte Armut. An diese Armut dürfen wir uns nicht gewöhnen. Architekten, Planer und Ingenieure haben beste Voraussetzungen, die Bausteine einer nachhaltigen, besseren Zukunft zu entwickeln, zu visualisieren und in den großen globalen Zusammenhang zu stellen, nicht als Tagträumerei, sondern wie Städte und Häuser als Ganzes sowie im Detail aussehen könnten.
Manfred Hegger: Die Dinge richtig tun – über Effizienz und Nachhaltigkeit. In: Energie Atlas, München 2007
Politische Ziele
Im Dezember 2015 erklärt die internationale Staatengemeinschaft bei den Klimaverhandlungen in Paris, dass der Anstieg der durchschnittlichen Erdtemperatur auf deutlich unter zwei Grad gehalten werden soll.
Im November 2016 verabschiedet die Bundesregierung als eines der ersten Länder die im Pariser Abkommen geforderte Klimaschutzlangfriststrategie. Mit dem Klimaschutzplan 2050 wird die weitestgehende Klimaneutralität Deutschlands bis zum Jahr 2050 angestrebt. Bis 2030 sollen die Treibhausgasemissionen um 55 Prozent geringer sein als gegenüber dem Basisjahr 1990.
Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung von 2018 wird erkannt, dass das Klimaziel für 2020 nicht erreicht wird. Im Energiebereich ist weiterhin geplant, den Anteil der erneuerbaren Energien auf etwa 65 Prozent bis 2030 zu erhöhen.
Im März 2017 wird der Integrierte Klimaschutzplan Hessen 2025 mit dem Ziel beschlossen, bis 2020 die Treibhausgasemissionen um 30 Prozent im Vergleich zu 1990 und bis 2025 um 40 Prozent zu reduzieren. 2019 beschließt die Landesregierung, bis 2030 die Emissionen um 55 Prozent zu reduzieren. Bis spätestens 2050 soll Hessen klimaneutral sein.
Status Quo
2018 betrugen die Treibhausgasemissionen in Deutschland rund 866 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Davon entfielen 35,9 Prozent auf die Energiewirtschaft, 22,6 Prozent auf den Sektor Industrie, 18,7 Prozent auf den Sektor Verkehr, 13,5 Prozent auf den Sektor Gebäude, 8,1 Prozent auf den Sektor Landwirtschaft und 1,2 Prozent auf die Abfallwirtschaft und Sonstige.
Bei den Gebäuden sind nur die direkten Treibhausgasemissionen berücksichtigt, beispielsweise durch die Verbrennung von Öl oder Gas. Die Emissionen, die indirekt durch die Versorgung mit Strom oder Fernwärme entstehen, werden meist der Energiewirtschaft zugewiesen (Verursacherprinzip). Nimmt man diese hinzu, liegen die Treibhausgasemissionen des Gebäudebereichs rund doppelt so hoch.
Mäßigung beim Flächenbedarf findet in der aktuellen Energiepolitik nur unzureichend Berücksichtigung. Trotz gut gedämmter Gebäude und energieeffizienter Anlagentechnik steigt der Energiebedarf aufgrund wachsender Wohnflächen bisher stetig an. Seit 1960 hat sich der Pro-Kopf-Wohnflächenbedarf verdoppelt. Von 46,1 m²/Person im Jahr 2011 lag er im Jahr 2018 bei 46,7 m²/Person.
Der Verkehrssektor verursacht rund ein Fünftel der Treibhausgasemissionen in Deutschland. Anders als in anderen Sektoren haben sich die Emissionen hier seit 1990 erhöht und nicht reduziert. Von der autogerechten Stadt zur mobilitätsgerechten Region - nachhaltige Mobilitätskonzepte werden zur zentralen kommunalpolitischen Herausforderung.
Mit 40,3 Millionen Wohnungen in 18,4 Millionen Wohngebäuden und knapp 3 Millionen Nichtwohngebäude bildet der Gebäudebestand den entscheidenden Hebel zum Erreichen der Klimaschutzziele. Die Energiewende setzt daher den Erfolg in der Wärmewende, d.h. in der Transformation des Gebäudebestandes voraus. Denn über 50 Prozent der Endenergie wird für die Erzeugung von Wärme eingesetzt. Nur ein Fünftel des Endenergieverbrauchs wird als elektrischer Strom verbraucht.
Geht es um Klimaschutzmaßnahmen im Gebäudesektor, richtet sich der Fokus des Ordnungsrechts und der Förderung bislang überwiegend auf den baulichen Wärmeschutz und den Einsatz erneuerbarer Energien. Aber auch der Standort eines Gebäudes, die infrastrukturelle Anbindung und die Siedlungsdichte sind Faktoren von hoher Relevanz für den Klimaschutz. Die Sektoren Strom, Wärme und Verkehr sind vor dem Hintergrund einer ressourceneffizienten und kostenoptimalen Durchsetzung der Klimaziele nicht länger getrennt voneinander zu betrachten.
Nachhaltig planen heißt ...
Phase null nutzen
Ob im Städtebau, in der Freiraumplanung oder in der Architektur, für jede Maßstabsebene gilt: Die wesentlichen Weichen für eine Planungs- und/oder Bauaufgabe werden am Anfang eines Projektes gestellt. Die Beeinflussbarkeit von Qualitäten und Kosten ist in diesem frühen Stadium am größten. Der „Phase 0“ vor Beginn der Planung kommt daher eine besondere Bedeutung zu. Ihr sollte ausreichend Zeit eingeräumt werden, denn sie dient der Klärung der Projektziele, der frühzeitigen Einbindung der relevanten Akteure (z.B. Bauherr*in, Nutzer*in und Betreiber*in bis hin zu Nachbarschaft, Öffentlichkeit und Verwaltung) und der Diskussion von alternativen Lösungsansätzen und Entwicklungsszenarien. In einem gemeinsamen Abwägungsprozess werden – unter Berücksichtigung der „harten Fakten“ (v. a. Budget, Zeit, gesetzliche Vorgaben) – die Entwicklungsziele für ein Projekt ausgehandelt, Bedarfsplanungen optimiert (→ Suffizienz) und geeignete Verfahren der Partizipation von Interessengruppen abgestimmt.


Nachhaltigkeit in Wettbewerben einfordern
Nachhaltiges Bauen setzt voraus, bereits in den frühen Planungsphasen die Anforderungen an den Umweltschutz, an die Wirtschaftlichkeit und an Gesundheit, Behaglichkeit und Komfortanspruche der zukünftigen Nutzer*innen in der Planung zu berücksichtigen. Durch Planungswettbewerbe kann die jeweils beste Lösung für eine Planungs- oder Bauaufgabe gefunden werden. Nachhaltigkeitsanforderungen sind daher frühzeitig in die Aufgabenstellung von Wettbewerben zu integrieren. Allerdings sollte eine Fokussierung auf vorentwurfsrelevante, gestaltprägende Aspekte erfolgen. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung bietet mit der Systematik für Nachhaltigkeitsanforderungen in Planungswettbewerben (SNAP) eine praxisnahe Arbeitshilfe an. Für die Bereiche „Funktionalität, Komfort und Gesundheit, Wirtschaftlichkeit, Ressource und Energie“ wird eine Auswahl aufgabenspezifischer Indikatoren vorgestellt.
Experimente wagen und Zukunft imaginieren
Aktuelle Beispiele in der Architektur, im Städtebau und in der Freiraumplanung zeigen, ökologisches Umdenken bedeutet nicht Verzicht, sondern einen Gewinn an Lebensqualität. Nachhaltigkeit sinnlich zu erfahrbar zu machen, zukünftige Entwicklungen zu imaginieren und damit verbale Ziele, räumlich zu übersetzen, darin liegt eine große Chance für die planende Profession. Doch Entwicklungen vorauszudenken und für komplexe Anforderungen ganzheitliche Lösungen zu suchen, erfordert Kreativität und den Mut, neue Wege zu beschreiten. Innovation setzt die Möglichkeit des Experiments, des Auswertens und Weiterentwickelns voraus. Experimentierklauseln innerhalb des gesetzlichen Rahmens schaffen hierfür den nötigen Freiraum. Sie sind unverzichtbar, um die Zukunft auch langfristig gestalten zu können.

Architektur nachhaltig gestalten heißt ...

Einfach bauen – less is more
Nachhaltige Gebäude erfordern einen angepassten Entwurf. Mit gestalterischen und konstruktiven Lösungen sowie eine auf lokale Bedingungen angepasste Bauweise lassen sich die Anforderungen an Raumluft, Innentemperatur und Belichtung mit reduziertem Einsatz technischer Anlagen erfüllen. Eine einfache Bauweise ermöglichen mehr Kontrolle durch den Nutzer*in, den einfachen Austausch einzelner Systeme und Änderungen der Nutzung sowie eine bessere Rückbaubarkeit. Investitions-, Energie- und Wartungskosten können so deutlich reduziert werden.
den Lebenszyklus in die Gebäudebewertung einbeziehen
Die derzeitigen gesetzlichen Anforderungen an die Energieeffizienz von Gebäude richten sich an den Energiedarf in der Nutzungsphase. Mehr Dämmung, bessere Anlagentechnik und der Einsatz von erneuerbaren Energie machen Gebäude effizienter und senken den Energiebedarf. Damit wächst jedoch der Anteil und die Bedeutung der grauen Energie, nämlich der die bei Herstellung, Errichtung und Entsorgung des Gebäudes und seiner verwendeten Bauprodukte benötigt wird. Ihre Einbeziehung in die Energiebilanz wird erforderlich. Die Erfassung erfolgt über eine Ökobilanzierung (Life Cycle Assessment - LCA), die neben der Energie auch den Ressourcenverbrauch und die Emissionen über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes – von der Errichtung bis zum Rückbau – berücksichtigt. Durch gezielten Einsatz ressourcenschonender und umweltverträglicher Materialen und die Möglichkeit, Baustoffe nach der Nutzung zu recyceln oder wieder zu verwenden, lässt sich so die Umweltwirkung ganzheitlich reduzieren.


Weiterbauen – Bestand braucht Haltung
Bestandgebäude sind Teil des kulturellen und gesellschaftlichen Lebens in der Stadt und in den ländlichen Regionen. Identifikation mit der gebauten Umwelt erfolgt durch die vertrauten Gebäude. Ihr Erhalt ist daher wichtig für unser kulturelles Erbe. Sanierung, Modernisierung und Umnutzung bestehender Bausubstanz hat darüber hinaus noch einen energetischen Nutzen. Die Energie, die für die Erstellung eines Gebäudes erforderlich war, die „Graue Energie“, bleibt erhalten und Ressourcen werden geschont. Dies gilt selbst bei umfangreichen Sanierungsmaßnahmen, da ein Großteil der aufgewendeten Energie im Tragwerk steckt.
Stadt nachhaltig entwickeln heißt ...
auf qualifizierte Innenentwicklung setzen
Das Leben in Städten und Metropolen ist attraktiv. Steigende Einwohnerzahlen setzen Städte jedoch unter Druck – Wohnraum und Bauflächen sind knapp, Infrastrukturen kommen an ihre Kapazitätsgrenzen. Steigende Mieten und Grundstückspreise, Schadstoff belastete Luft sowie überfüllte Straßen, Busse und Bahnen sind nur einige Symptome des steten Zuzugs. Der Handlungsdruck, neuen Wohnraum zu schaffen und gleichzeitig Flächen und Ressourcen zu sparen, macht die Nachverdichtung bestehender Städte und Quartiere erforderlich. Nachverdichtung kann aber nur bei Sicherung und Qualifizierung von Freiräumen und der Entwicklung neuer intelligenter Mobilitätskonzepte gelingen. Gleichzeitig bedarf es neuer Formen der Mischung. Arbeiten, Wohnen und Freizeit in unmittelbarer Nachbarschaft reduziert Wege und belebt den öffentlichen Raum. Multicodierte Gebäude oder Stadträume erlauben unterschiedliche Nutzungen im Tagesverlauf. Flächen werden dadurch effizienter genutzt. Eine nachhaltige Stadtentwicklung bedeutet, Siedlungs-, Freiraum- und Verkehrsentwicklung gemeinsam integriert zu betrachten.


Freiräume qualifizieren und grün/blau Infrastruktur ausbauen
Urbane Frei- und Stadträume sind so vielfältig, wie ihre Funktionen. Parkanlagen und Friedhöfe, Alleen und Plätze, Sportanlagen und Schrebergärten sind nur ein Teil der zahlreichen unterschiedlichen Typen städtischer Räume und bieten ein großes Potential der grün/blauen Infrastruktur. Die sozialen, ökologischen, ökonomischen sowie kulturellen und identitätsstiftende Funktionen, welche die Freiräume erfüllen, werden durch den Klimawandel und die zunehmende Dichte der Städte mehr gefordert als bisher. Extre Hitze und Trockenheit stellen nicht nur für die Natur große Herausforderungen dar, sondern auch für die Bewohner – bis hin zu gesundheitlichen Risiken. Grün- und Wasserflächen, Dach- und Fassadenbegrünung, Verschattung von Stadträumen und Entsiegelung von Flächen können das Stadtklima verbessern. Gleichzeitig gilt es die Städte auf Starkregen und Sturmereignisse vorzubereiten. Die planerischen Möglichkeiten, auf den Klimawandel zu reagieren, sind zahlreich, jedoch zunehmend wichtig, um die Lebensqualität unserer Städte zu erhalten.
Mobilität intelligent steuern
Der motorisierte Individualverkehr prägt derzeit noch die Nutzung und die Gestaltung der Stadt- und Verkehrsräume und damit maßgeblich die Qualität und Attraktivität des öffentlichen Raums. Ziel der Stadtentwicklung und des Stadtumbaus muss es sein, diesen Raum den Menschen zurückzugeben. Weniger Autoverkehr bedeutet mehr Wohn- und Lebensqualität. Kurze Wege für die Beschaffung von Güter des täglichen Bedarfs, gute Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr, Förderung von Car- und Ridesharing, effizientes Parkraummanagement und intelligente Steuerung des Verkehrsnetz sind nur einige Handlungsfelder auf dem Weg von der autogerechten Stadt zur mobilitätsgerechten Region.

Landschaft nachhaltig planen heißt …

Flächenverbrauch reduzieren
Fläche ist eine endliche Ressource. In den letzten 60 Jahren hat sich die Siedlungs- und Verkehrsfläche in Deutschland mehr als verdoppelt. In Hessen werden derzeit täglich knapp 3 Hektar unbebaute Fläche für neue Gewerbe- oder Wohngebiete ausgewiesen oder für den Ausbau von Straßen und anderer Infrastruktur genutzt. Ökologisch wertvolle Böden werden vernichtet, zusammenhängende Landschafts- und Naturräume zergliedert. Durch die zunehmende Zersiedelung sinkt die Auslastung von sozialen und technischen Infrastrukturen und damit deren Rentabilität. „Vermeiden – Verwerten – Ausgleichen“ sind die drei Säulen einer nachhaltigen Flächenkreislaufwirtschaft. Zu der vorrangigen Innenentwicklung, d.h. der Nutzung von Baulücken, Brachflächen und Nachverdichtungspotentialen, tritt die Entsiegelung und Renaturierung als Ausgleich für die Erschließung von Flächen auf der „grünen Wiese“.
Energielandschaften gestalten
Die Endlichkeit der fossilen Ressourcen sowie der Klimawandel führen zur Energiewende und dem Bestreben einer nachhaltigen Energieversorgung mit erneuerbaren Energien. Der geplante energetische Umbau zeigt sich bereits vielerorts in einer neuen Nutzung und Verwertung von Landschaft. Neue Formen der Energiegewinnung, der Speicherung und des Transports regenerativer Energien verändern die traditionellen Landschaftsbilder. Windfarmen, Solarplantagen, Kurzumtriebsflächen, Stromtrassen u.a. bilden einen neuen Typus von Produktionslandschaft, den es nicht nur technisch zu organisieren, sondern auch zu gestalten gilt. Eine verstärkte (landschafts-) planerische Gestaltung von Energieinfrastrukturen im Außenbereich ist ein zentrales Instrument, um die gesellschaftliche Akzeptanz einer auf flächenintensiven erneuerbaren Energien basierenden Energiewende zu erhöhen. Durch die kluge Integration von Beteiligungsverfahren wird die Teilhabe der Bevölkerung am Gestaltungsprozess ermöglicht.


Kulturlandschaften entwickeln
Die massive Inanspruchnahme von Landschaft für Siedlung und Verkehr, zur Energieerzeugung, aber auch der Klima- und agrarstrukturelle Wandel führen zu teils ungesteuerten Veränderungen der Kultur- und Naturlandschaften und damit zu einem Wandel bis hin zu einem Verlust regionaler Identitäten. Die Sicherung, Pflege und Entwicklung von Landschaft gehört deshalb zu den Kernthemen eines zukunftsgerechten Umgangs mit Raum und Umwelt. Markante Kulturlandschaften sind ein herausragender Standortfaktor für die wirtschaftliche Entwicklung und den Tourismus. Ihr Charakter bestimmt die Attraktivität und Unverwechselbarkeit der Umwelt als Wohn-, Arbeits- und Erholungsraum. Entwerferisches Handeln ist gefragt, das darauf zielt, räumliche Qualitäten zu entwickeln, Besonderheiten herauszuarbeiten und erlebbar zu machen.
Energiewende und Klimaschutz sind Generationenaufgaben und Verpflichtungen für die Koalition auch in der 20. Legislaturperiode.
Koalitionsvertrag zwischen der CDU Hessen und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Hessen für die 20. Legislaturperiode.
Nachhaltigkeit in Hessen – Ein Staatsziel
Mit der Volksabstimmung im Jahr 2018 wurde das Prinzip der Nachhaltigkeit als neues Staatsziel in der Hessischen Landesverfassung verankert. Damit sollen bei allen staatlichen und kommunalen Handlungen die Interessen künftiger Generationen gewahrt werden. Auch die Förderung der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Stadt und Land durch die Errichtung und den Erhalt von technischer, digitaler und sozialer Infrastruktur wurde als neues Staatsziel formuliert und somit ein wichtiger Baustein für die soziale Nachhaltigkeit in der Landesverfassung verankert.
Im Koalitionsvertrag der Hessischen Landesregierung vom 20.12.2018 werden die Ziele der Nachhaltigkeit u.a. durch zahlreiche Projekte zu den Themen Energiewende, Mobilität sowie Umwelt-, Klima- und Ressourcenschutz adressiert. Auch Hessen bekennt sich zu den Zielen und Vereinbarungen des Weltklimavertrags von Paris und möchte dazu beitragen, diese Ziele zu erreichen.
Eines der wichtigsten Instrumente hierfür ist die Nachhaltigkeitsstrategie Hessen. Nach ihrem zehnjährigen Bestehen im Jahr 2018 wurde sie evaluiert und erfuhr eine Neuausrichtung. Die Nachhaltigkeitsstrategie dient als Plattform für Akteure aus Gesellschaft, Unternehmen, Politik und Verwaltung, um gemeinsam an neuen Lösungen und innovativen Ideen für ein nachhaltiges Hessen zu arbeiten. Die Hessische Landesregierung möchte dieses Format auch zukünftig fortsetzen und weiterentwickeln.
Der Landesentwicklungsplan Hessen 2000 (LEP 2000) befindet sich ebenso in der Fortschreibung. Mit der 4. Änderung werden die Themen Raumstruktur, Zentrale Orte und großflächiger Einzelhandel adressiert. Die Fortschreibung der Raumkategorien und Analysen zur Zentrale Orte-Gliederung sind ein wichtiger Baustein zur Schaffung der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Hessen. Die Vorgabe, die Flächeninanspruchnahme auf durchschnittlich 2,5 ha/Tag zu begrenzen, ist bereits im LEP 2000 enthalten. Kommunen sollen bei den Bemühungen einer flächensparenden Entwicklung unterstützt werden. Der Grundsatz „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“ wird beispielsweise durch Förderprogramme zur Aktivierung von Leerständen in Ortskernen und der Umwandlung zu Wohnraum gestärkt.
Die Sicherstellung der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Stadt und Land soll im Rahmen der Aufstellung von Regionalplänen ihre Berücksichtigung finden. Angepasste Entwicklungs- und Förderstrategien für den ländlichen Raum sollen im Rahmen von Regionalkonferenzen unter Beteiligung kommunaler Verantwortungsträgern erarbeitet werden.
Nachhaltigkeit zertifizieren
Das nachhaltige Bauen – als wichtiger Bestandteil der 2017 fortgeschriebenen deutschen Nachhaltigkeitsstrategie – ist im Bundesbau seit vielen Jahren ein selbstverständlicher Teil der Planungs- und Bauprozesse. Hierfür spricht nicht nur die notwendige Vorbildfunktion des Bundes als größter öffentlicher Bauherr in Deutschland, sondern auch die Notwendigkeit zur Umsetzung aktueller politischer Zielsetzungen. Mit dem Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) für Bundesgebäude steht erstmalig ein zum Leitfaden Nachhaltiges Bauen ergänzendes ganzheitliches quantitatives Bewertungsverfahren für Büro und Verwaltungsbauten zur Verfügung. Um seiner Vorbildfunktion zu entsprechen, wurde das Zertifizierungssystem für zivile Baumaßnahmen des Bundes verpflichtend eingeführt. Die bisherigen Zertifizierungen des Bundes zeigen bereits, dass sich auch hohe Nachhaltigkeitsqualitäten durchaus wirtschaftlich realisieren lassen. Einige Bundesländer haben das BNB bereits in ihrer Zuständigkeit eingeführt oder sammeln entsprechende Erfahrungen in Pilotvorhaben.
Publikation zum Thema Energieeinsparung und nachhaltigem Bauen
EinSparHaus – Energieeffiziente Architektur
Akademie der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen / Martin Sommer (Hrsg.)
Jovis: Berlin 2009

Sustainability Paper 1
Mit Beiträgen von Michael Boddenberg, Hessischer Minister der Finanzen, Florian Dreher, Referent Baukultur, Wirtschaft und Hochschulwesen, AKH, Brigitte Holz, Präsidentin der AKH, Fiona Marker, Germanwatch/Fridays for Future Berlin, Gertrudis Peters, Stv. Hauptgeschäftsführerin, AKH, Prof. Dr. Harald Welzer, FUTURZWEI – Stiftung Zukunftsfähigkeit, Berlin.
56 S., ca. 33 Abb., AKH: Wiesbaden 2021

Sustainability Paper 2
Mit Beiträgen von Birgitte Holz, Präsidentin der AKH, Dr. Martin Worms, Staatssekretär im Hessischen Ministerium der Finanzen, der internationalen Fachjury sowie alle Projekte der Short-List-Nominierungen und der Preisträger*innen.
176 S., ca. 200 Abb., AKH: Wiesbaden 2021
