Allianz für Wohnen in Hessen – bezahl­baren Wohnraum schaf­fen und bestehenden sichern

Mit dem Ziel, Strategien für guten und bezahl­baren Wohnungs­bau in Hessen zu entwickeln, wurde 2015 die Allianz für Wohnen in Hessen ins Leben gerufen. Mit dieser Allianz haben die Partner*innen einen Prozess zur zukunftsfähigen Weiter­entwicklung der Wohnquartiere und Wohnungs­bestände in den hes­si­schen Städten und Gemeinden initiiert.

Ein 12-Punkte-Programm für bezahl­baren Wohnraum in Hessen

  • Förderrichtlinien zum Mietwohnungsbau evaluieren und anpassen

- Überprüfen der Förderkonditionen

- Reduzierung von bürokratischem Aufwand

- Bessere Berücksichtigung der Vielfalt der Akteure

  • Förderung der Wohneigentumsbildung verbessern

Der Kapital- wie auch der Wohnungsmarkt sind ständig in Bewegung. Die derzeit historische Niedrigzinsphase ist zunächst etwas Positives. Noch nie war die Finanzierung von Wohnraum so günstig wie heute.

Für die Förderung des sozialen Wohnungs­baus in Hessen stellen die derzeit niedrigen Marktzinsen jedoch eine Heraus­forderung dar. Aus Sicht der potenziellen Investoren, vor allem der Wohnungs­baugesellschaften, verlieren die zinsgünstigen Förderdarlehen an Attraktivität. Das wichtigste Instrument der Wohnraumförderung wirkt damit nur noch eingeschränkt. Durch die Einführung von Finanzierungszuschüssen und die Erhöhung der Fördersätze wurde hier bereits begonnen gegenzusteuern.

Dennoch, die derzeit große Dynamik auf den Wohnungsmärkten wie auch die starken Preissteigerungen für Bauleistungen führen dazu, dass sich die Rahmen­bedingungen, in denen sich die Wohnraumförderung des Landes bewegt, ständig verändern.

Die Wohnraumförderung des Landes sollte darauf reagieren. Es wird daher vorgeschlagen, die Förderrichtlinien für den Mietwohnungsbau zeitnah wieder zu evaluieren und noch im Laufe des Jahres 2020 anzupassen. Dazu wird die Bildung einer Fachgruppe „Wohnraumförderung“ mit Vertretern des Landes und der Wohnungswirtschaft angeregt. Der Arbeitskreis garantiert eine praxisnahe Prüfung der derzeitigen Konditionen. Ziel ist es, deren Attraktivität zu erhöhen, den bürokratischen Aufwand zu verringern und die immer größere Vielfalt der Akteure am Wohnungsmarkt (gemeinwohlorientierte Unternehmen, öffentliche und private Wohnungs­baugesellschaften, private Bauträger, Bauherrengemeinschaften etc.) besser zu berücksichtigen.

Neben der Förderung von Mietwohnungen darf die Eigentumsförderung nicht vergessen werden. Sie ist sowohl ein wichtiger Beitrag zur Erfüllung der Wohnwünsche vieler Familien als auch zur Sicherung des Lebensstandards im Alter. Die Eigentumsförderung sieht sich den gleichen Heraus­forderungen gegenüber wie der Mietwohnungsbau. Hier sollten daher ebenfalls die Konditionen verändert und den aktuellen Marktgegebenheiten angepasst werden.

  • Förderprogramm „Erwerb von Belegungsrechten“ verbessern

- Fördermittel aufstocken

- Konditionen verbessern

- Belange der Verkäufer stärker berücksichtigen

- Belange der Mieter für eine sozialverträgliche Miete stärker einbeziehen


Die Wohnungen mit einer Sozialbindung haben deutschlandweit zwischen 2007 und 2017 um 38 Prozent abgenommen. Dieser Trend ist so auch in Hessen zu beobachten. Gab es 2007 noch rd. 137.000 Wohnungen, die einer Sozialbindung unterlagen, so waren es 2017 nur noch rd. 85.000.

Zwischen der Bereitstellung der Fördermittel und dem Bau sowie der Fertigstellung der Wohnungen vergehen oft mehrere Jahre. Es dauert also, bis die derzeit geförderten neuen Wohnungen mit Mietpreisbindungen dem Wohnungsmarkt zur Verfügung stehen und zur Entspannung der Märkte beitragen.

Um den Rückgang von gebundenen Wohnraum schnell zu beenden, müssen daher auslaufende Bindungen verlängert und kurzfristig neue Wohnungen in die Bindung genommen werden. Nur so kann der Übergang gelingen, bis die derzeit geförderten neuen Wohnungen dem Markt zu Verfügung stehen. Das Instrument des Kaufs von Belegungsrechten ist daher ein sinnvolles Instrument, das auch kurzfristig wirksam werden kann. Es erfüllt durch die Verlängerung auslaufender Bindungen und den Kauf neuer Bindungen bei bestehendem Wohnraum beide oben formulierten Forderungen.

Die Fördermittel des Landes­programms „Erwerb von Belegungsrechten“ sollten daher aufgestockt, dessen Konditionen deutlich verbessert und stärker an die Bedürfnisse der Verkäufer von Belegungsrechten angepasst werden. So sollte neben dem Ausgleich für die Miete eine Verwaltungspauschale gewährt werden. Nur so kann das Programm an Attraktivität bei den Verkäufern von Belegungsrechten gewinnen. Gleichzeitig sollte der bezuschusste Mietnachlass erhöht werden, um den Bedürfnissen von Mietern nach einer sozialverträglichen, nämlich bezahl­baren Miete gerecht zu werden.

Daneben muss sich die Landes­regierung weiter für den Mieterschutz einsetzen und diesen mit geeigneten Instrumenten unterstützen. Dazu gehören zum Beispiel Maßnahmen gegen spekulativen Leerstand.

  • Kommunen, die Bauland ausweisen, finanziell bei Folgekosten z. B. für soziale Infrastruktur, Mobilität, Grünflächen, unterstützen
  • Überprüfung bestehender B-Pläne im Hinblick auf Verdichtungspotenziale anstoßen
  • Bauland-Offensive Hessen weiter­entwickeln

Damit Wohnen bezahlbar bleibt, bedarf es in den nachgefragten Regionen Hessens der Ausweisung von mehr Bauland; auch dann, wenn noch vereinzelt Potenziale im Innenbereich vorhanden sind. Nur so kann der dringend benötigte neue Wohnraum entstehen.

Häufig werden jedoch bereits schon bestehende bzw. ausgewiesene Flächenpotenziale für Wohnungs­bau nicht genutzt.

Die Gründe, warum Kommunen die Flächenpotenziale in ihrer Gemeinde nicht für den Wohnungs­bau mobilisieren, sind vielfältig. Ein häufiges Hindernis sind die hohen Folgekosten für Infrastruktur, die auf Seiten der Kommunen entstehen, wenn sie neue Baugebiete ausweisen. Aber auch schwierige Eigentumsverhältnisse, mangelndes Interesse der Eigentümer oder Vorgaben der Regionalplanung sind zu nennen.

Seit wenigen Jahren stellt sich die Ent­wick­lung in einigen Teilen Hessens erfreulicher dar, so sind mittlerweile im Gebiet des Regionalverbands Frank­furtRheinMain 14 Prozent der Wohnbaupotenziale des Regionalplans Südhessen / Regionalen Flächennutzungsplans 2010 genutzt, auf weiteren 48 Prozent der Flächen ist eine Ent­wick­lung geplant. Das heißt: 62 Prozent der regio­nalplanerischen Reserven werden genutzt. Diesen Trend gilt es zu verstetigen.

Um die Aktivierung von neuem Bauland zu unterstützen, ist es wichtig, den "willigen“ Kommunen, die neues Bauland ausweisen bzw. in der jüngsten Vergangenheit ausgewiesen haben, eine Unterstützung zu Teil werden zu lassen. Hierdurch wird der Anreiz für die Kommunen, Flächen zu mobilisieren oder neue Flächen auszuweisen, erhöht.

Diese Unterstützung kann finanzieller Art sein, z. B. für Aufwendungen, die infolge der Baulandausweisung entstehen. Unterstützungsbedarf besteht u.a. bei der Herstellung sozialer Infrastruktur (Kinder­tages­stätten, Jugend- und Familienzentren), der Bereitstellung der Mobilitätsinfrastruktur (öffentliche Fahrradstellplätze, Fuß- und Radwege) sowie der Schaffung von Grünanlagen, Spiel- und Sportplätzen.

Weitere Anreize, z. B. in Form von Beratungen, sind erforderlich. Die Kommunen sollten z. B. dabei unter­stützt werden, die Überarbeitung von alten Bebauungsplänen zu forcieren, um Verdichtungspotenziale in bestehenden Gebieten mit großen Grundstücken nutzbar zu machen.

Auch eine Weiter­entwicklung der Bauland-Offensive Hessen (BOH) wird angeregt, insbesondere um die Mobilisierung von Restflächen und Innenbereichspotenzialen durch verschiedene Akteure zu unterstützen.

  • Erreichbarkeit durch ÖPNV ausbauen
  • Digitale Infrastruktur verbessern (Breitbandausbau)
  • Daseinsvorsorge sichern und stärken
  • Bausubstanz in Ortskernen mobilisieren zur Verhinderung von Leerstand

Der ländliche Raum Hessens umfasst ca. 60 Prozent der Landesfläche. Rund 25 Prozent der Bevölkerung Hessens leben hier in Dörfern oder kleineren Städten und Gemeinden. Demografischer Wandel, wachsende Be­deutung der Mobilität, sich verändernde Familien- und Versorgungsstrukturen und die zunehmende Individualisierung der Lebensstile stellen derzeit große Heraus­forderungen in Teilen des ländlichen Raums dar.

Der ländliche Raum ist aber auch, insbesondere dort, wo er an die hes­si­schen Ballungsund Hochschulzentren grenzt, als Potenzialraum für die künftige Wohnraumversorgung zu sehen. Zum einen wegen verfügbarer (leerstehender) Liegenschaften im Innenbereich, und zum anderen wegen des vielfach noch verfügbaren Baulands.  Ziel muss es sein, die ländlichen Räume Hessens als attraktive Wohn- und Wirtschaftsräume zu erhalten, zu beleben und neu zu positionieren.

Diese zum Teil beträchtlichen Potenziale können v. a. dann genutzt werden, wenn die Erreichbarkeit mit dem öffentlichen Personennahverkehr im ländlichen Raum ausgebaut wird und die Regionen in Hessen noch besser, schneller und in engerer Taktung vernetzt werden. Gleichzeitig ist auch der Ausbau der digitalen Infrastruktur (Breitbandausbau) im ländlichen Raum zu forcieren.

Durch die Folgen des demografischen und wirt­schaftlichen Wandels wird auch die Daseinsvorsorge in dünn besiedelten Räumen zunehmend gefährdet. Es ist wichtig, diese für die Zukunft handlungsfähig zu machen und die zentralörtliche Versorgungsfunktion der betroffenen Kommunen dauerhaft, bedarfsgerecht und auf hohem Niveau für die Bevölkerung der gesamten Region zu sichern und zu stärken.

Im Rahmen der Eigentumsförderung sollte überlegt werden, wie man jungen Familien Anreize geben kann, Bestandsimmobilien in Ortskernen zu erwerben. Das schützt vor Wertverfall und Leerstand, hält die Ortskerne lebendig und reduziert den Flächenverbrauch. Hier sollte man sich an bereits erprobten Programmen wie “Jung kauft Alt“ orientieren.

  • Kommunen bei der Strategischen Ent­wick­lungsplanung im Vorfeld der Aktivierung von Liegenschaften bzw. Bauland unterstützen
  • Interkommunale Abstimmungen, Konzepte und Strategien erleichtern und unterstützen
  • Förderung von kommunalen Wohnraumversorgungskonzepten

In ganz Hessen gibt es in den Regionalplänen zahlreiche Flächen, die für die Siedlungsentwicklung bzw. für Wohnungs­bau vorgesehen sind, aber noch nicht genutzt werden. Aus der Perspektive der Landes- und Regionalplanung ist die qualitätsvolle Ent­wick­lung dieser Potenzialflächen und weiterer Potenziale im Innenbereich ein zentrales Anliegen zur Begrenzung der zusätzlichen Siedlungs- und Verkehrsflächeninanspruchnahme.

Die Aktivierung dieser Potenziale sollte in umfassenden Ent­wick­lungsstrategien eingebunden sein, die möglichst auf interkommunaler Ebene – im Sinne von Handlungsräumen – erarbeitet werden. Bereits in diesem Stadium ist es zielführend, einen umfassenden Dialog mit der Bürgerschaft zu beginnen. Derartige Ent­wick­lungskonzepte bzw. Masterpläne oder Gesamtstrategien stellen in­formelle Planungsgrundlagen bzw. -instrumente dar. Formale Planungs­instrumente wie Bebauungspläne werden aus ihnen heraus entwickelt.

Derartige Gesamtstrategien betrachten unter Beteiligung der Bürgerschaft nicht nur den Aspekt Wohnen, sondern beschäftigen sich gleichermaßen mit den Themen Arbeiten, Gewerbe, Infrastruktur, Freiraum, Mobilität u. v. m. Sie füllen räumliche und quantitative Aussagen zur Flächeninanspruchnahme mit Leben und beinhalten im Bereich Wohnen z. B. qualifizierte Aussagen zu Wohnformen, zur Ausgestaltung des Wohn­umfelds oder zu sozialen Aspekten. Ferner setzen sie Prioritäten, formulieren Umsetzungsstrategien, z. B. zur Liegenschaftspolitik generell, zur Mobilisierung von Bauland und zur Ausformung von künftigen Beteiligungsprozessen. Sie haben vielfach einen lokalen Fokus, werden aber zunehmend im interkommunalen Konsens oder gar auf interkommunaler Ebene erarbeitet.

Allerdings entschließen sich Kommunen zur Erarbeitung einer derartigen Gesamtstrategie nur dann, wenn sie über ausreichend personelle und finanzielle Ressourcen verfügen. Dies ist eher in großen Städten der Fall. Kleinere Kommunen im Verdichtungsraum oder im ländlichen Raum sind dazu meist nicht in der Lage und benötigen Unterstützung bei der Erarbeitung interkommunal abgestimmter Gesamtstrategien. Das Land sollte prüfen, wie es die Kommunen in diesem Bestreben unterstützen kann.

Auch die Förderung von kommunalen Wohnraumversorgungskonzepten sollte geprüft werden.

  • Modellprojekte zu altersge­rech­tem Wohnen unterstützen
  • Barrierefreien Wohnraum fördern
  • Gemein­schaftliches Wohnen voranbringen

Der demografische Wandel und der damit stetig wachsende Anteil älterer und pflegebedürftiger Menschen rückt das Thema „selbstbestimmtes Wohnen im Alter“ immer stärker in den Mittelpunkt. Der Bedarf an barrierefreiem Wohnraum und niedrigschwellig zugänglichen Versorgungsangeboten im Stadtteil bzw. der Nachbarschaft steigt stetig. Die Anforderungen an die Ent­wick­lung neuer wie auch bestehender Quar­tie­re sind damit hoch.

Neben der Förderung des altenge­rech­ten Umbaus und der Anpassung von Wohnraum werden in Zukunft auch neue Formen des Zusammenlebens im Alter, wie das gemeinschaftliche Wohnen, eine immer wichtigere Rolle spielen.

Allen Anstren­gungen gemeinsam ist das Ziel, möglichst lange ein selbstbestimmtes Leben in der eigenen Wohnung zu er­mög­lichen.

Stellvertretend für viele neue Ansätze sei hier auf das Bielefelder Modell verwiesen, dessen Besonderheit ein quartiersbezogener Ansatz des Wohnens mit Versorgungssicherheit ohne Betreuungspauschale ist. Es hat bundesweite Aufmerksamkeit erfahren und wird mittlerweile auch in anderen Städten umgesetzt.

Modellprojekte haben das Ziel, neue Konzepte zu testen. Wenn sie sich bewähren, können sie später auf viele andere Maßnahmen übertragen werden. Dies sollte zukünftig vermehrt im Bereich altersge­rech­ten Wohnen zum Tragen kommen. Gerade der sozialen Wohnraumförderung kommt hier eine besondere Rolle zu.

Auch im Rahmen eines Wettbewerbs könnten die Themen ge­mein­schaft­liches Wohnen und altersge­rech­tes neues Wohnen vorangebracht werden.

Die angekündigte Beratungsstelle zum gemeinschaftlichen Wohnen sollte zeitnah ihren Betrieb aufnehmen.

Desweitern sollte geprüft werden, ob die Förderung des behindertenge­rech­ten Umbaus von selbstgenutztem Wohneigentum in Hessen auch für Mietwohnungen geöffnet werden kann.

  • Städtebauförderung stärker auf das Thema Wohnen ausrichten

Der sparsame Umgang mit Grund und Boden und der Vorrang von Maßnahmen der Innenentwicklung sind Grundsätze der Bauleitplanung.

Vorhaben der Innenentwicklung stoßen aber erfahrungsgemäß auf eine Vielzahl von Heraus­forderungen. Diese können zum einen in der planungsrechtlichen Zulässigkeit von Bauvorhaben liegen, wobei beispielsweise die Themen des Immissionsschutzes, insbesondere bei Belastungen durch Verkehrs- und Gewerbelärm, zu bewältigen sind. Zum anderen können auch Rahmen­bedingungen auf dem Grundstück selbst ein Bauvorhaben erschweren, wie etwa ein schwieriger Zuschnitt des Grundstücks, die Topographie der Fläche, eine unzureichende verkehrliche Erschließung, der zu führende Nachweis von Stellplätzen, der Denkmal­schutz, der Bestand an Bäumen oder der Artenschutz.

Wie unter diesen komplexen Rahmen­bedingungen dennoch beispielgebende Lösungen möglich sind und wie der gesetzliche Rahmen für eine nach­haltige Stadtentwicklung mit Leben gefüllt werden, wurde bereits in einem ersten Leitfaden der Allianz aufgezeigt.

Die Innenentwicklung ist und bleibt aber weiterhin eines der relevanten Themen bei der Schaffung und Ent­wick­lung von neuem bezahlbarem Wohnraum. Nur durch den Zweiklang „bestehende Flächen im Innenbereich nutzen“ und darüber hinaus „neue Flächen erschließen“ werden die gegenwärtigen Heraus­forderungen zu schaf­fen sein. Um die Innenentwicklung weiter voranzutreiben, sollten daher die Programme der Städtebauförderung künftig noch mehr als bisher Maßnahmen fördern, die das Wohnen verschiedener Zielgruppen (Familien, Senioren, Wohngemeinschaften etc.) in den Zentren stärken.

Die hes­si­schen Kommunen sollen dabei unter­stützt werden, bestehenden Wohnraum in den Innenstädten zu qualifizieren und barrierefrei zu entwickeln. Auch der Umbau von gewerblichen Leerständen oder suboptimal genutzten Liegenschaften / Immobilien zu Wohnzwecken könnte in einigen hes­si­schen Regionen neue An­ge­bote schaf­fen. Durch Förderanreize sollen private Immobilieneigentümer motiviert werden, in ihre Immobilie zu investieren und das Gebäude zu modernisieren.

Grundsätzlich ist dabei auf Sozialverträglichkeit zu achten. Gentrifizierung in Stadtquartieren und Verdrängungsprozesse sollen möglichst verhindert werden.

  • Förderprogramm zur Erarbeitung qualifizierter Mietspiegel auflegen

Ein qualifizierter Mietspiegel gibt eine Übersicht über die ortsübliche Vergleichsmiete, die von der Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter gemeinsam nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt und anerkannt worden ist. Die ortsübliche Vergleichsmiete wird nach der gesetzlichen Definition aus den üblichen Entgelten gebildet, die in der Gemeinde oder einer vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaf­fenheit und Lage in den letzten vier Jahren vereinbart oder geändert worden sind.

Der qualifizierte Mietspiegel ist damit ein wichtiges Instrument zur Transparenz lokaler Wohnungsmärkte für die Mieter und für die Vermieterseite, insbesondere bezüglich der Frage zulässiger Mieterhöhungen, da hier die Vermutung gilt, dass die in ihm bezeichneten Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete wiedergeben. Er dient damit auch der Rechtssicherheit.

In Hessen gibt es mit Frank­furt am Main und Darm­stadt nur zwei Kommunen, die über einen qualifizierten Mietspiegel verfügen. Dies muss sich ändern.

Der Grund, warum die meisten Gemeinden keinen qualifizierten Mietspiegel erstellen lassen, sind häufig die hohen Kosten, die damit verbunden sind.

Die Gemeinden sollten daher bei der Erstellung von qualifizierten Mietspiegeln gefördert werden. Dabei sollten die Auswirkungen dieser qualifizierten Mietspiegel auf die Neubaumieten im sozialen Wohnungs­bau berücksichtigt werden.

Darüber hinaus sollten bei der Erstellung dieser Mietspiegel lokale Gegebenheiten berücksichtigt werden. Auch eine kreisweite Erstellung derartiger Mietspiegel wäre zu diskutieren, damit die stark nachgefragten Regionen flächendeckend über ein derartiges Instrument verfügen.

  • Fachgruppe einrichten, die die rechtlichen Rahmen­bedingungen für serielles Bauen in Hessen erörtert
  • Erfahrungsaustausch der Wohnungswirtschaft hinsichtlich des seriellen Bauens in Hessen fördern
  • Weitere Modellvorhaben zur Beschleunigung von Wohnungs­bauvorhaben durchführen

Seit vielen Jahren entstehen in Deutsch­land zu wenige bezahlbare Mietwohnungen. Gerade in den hes­si­schen Ballungszentren und Hochschulstädten herrscht deshalb mittlerweile ein enormer Nachfragedruck. Deutliche Mietsteigerungen auf­grund von Engpässen sind vielerorts die Folge. Insbesondere Haushalte mit niedrigen, aber zunehmend auch diejenigen mit mittleren Einkommen haben Schwierigkeiten, eine für sie bezahlbare Wohnung zu finden.

Seriell gefertigte Wohnbauten könnten eine (Teil-)Lösung für das Problem des Wohnraummangels in den hes­si­schen Ballungszentren und Hochschulstädten sein. Die Vorteile des seriellen Bauens liegen u. a. darin, dass der eigentliche Aufbauprozess auf der Baustelle beschleunigt und für die Nachbarschaft verträglich wird, weil er geräuscharm von statten gehen kann. Besonders geeignet ist das serielle Bauen für Aufstockungen von Zeilenbauten.

Die Allianz schlägt daher vor zu prüfen, ob serielles oder modulares Bauen einen Beitrag zur Entlastung der angespannten Märkte leisten kann und in Hessen stärker gefördert werden sollte.

Daher sollte ein Austausch über Erfahrungen der Wohnungswirtschaft mit Vorhaben des seriellen Bauens in Hessen initiiert werden. Außerdem sollte eine Fachgruppe eingerichtet werden, die u. a. auch die rechtlichen Rahmen­bedingungen für serielles Bauen in Hessen sowie die Umsetzung der durch Beschluss der Bauministerkonferenz in die Musterbauordnung aufgenommenen Typen­genehmigung erörtert. Dabei sollten Potenziale für Wertschöpfungsketten geprüft, aber auch weitere Aspekte diskutiert werden, die zur Beschleunigung des Bauens beitragen können.

Die Möglichkeiten des seriellen Bauens im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung sollten durch Modellprojekte weiter bekannt gemacht werden.

Dabei sollten jedoch die anderen Formen des Bauens nicht vernachlässigt werden, da das serielle oder modulare Bauen nur ein Bau­stein zur Bewältigung der aktuellen Probleme sein kann.

  • „Baulanddialoge“ im Vorfeld der Ent­wick­lung konkreter Wohnquartiere fördern

Bürgerbeteiligung ist heute ein un­verzicht­barer Bestandteil des Verwaltungshandelns. Dies ergibt sich aus dem Verständnis des Verhältnisses von Gesellschaft und Staat. Gewünscht ist eine aktive, sich einbringende Gesellschaft bzw. Bürgerschaft vor Ort. Auch verfügen Bürgerinnen und Bürger häufig in vielen Einzelfragen über Detailkenntnisse und Sachkunde. Dieses Wissen zu nutzen, ist gewinnbringend für die ganze Gemeinde, da es eine wichtige Ergänzung zu den vorhandenen In­for­ma­tio­nen und Kenntnissen darstellt.

Im Bereich der Baulandentwicklung bzw. der Ausweisung neuer Baugebiete setzen derzeit die Beteiligungsprozesse zu einem Zeitpunkt ein, an dem die Kommunen konkrete Flächen für die Ausweisung von Wohnbauland bereits prüfen oder planen. Bürgerinnen und Bürger werden so schon mit einer Ent­wick­lungsidee für eine konkrete Fläche konfrontiert. Dieses Vorgehen trifft häufig auf geringe Akzeptanz bei der Bürgerschaft, da diese Neubaugebieten häufig generell kritisch gegenübersteht.

Dies führt in vielen Fällen zu Streit und verhärteten Positionen auf beiden Seiten. Beteiligungsprozesse können so wesentliche Entscheidungen verzögern, was sehr häufig mit steigenden Kosten bei den Unternehmen verbunden ist. Im schlimmsten Fall werden Gebiete gar nicht entwickelt.

Diese Problematik kann verbessert werden, indem die Bürger von der Gemeinde zu einem Zeitpunkt eingebunden werden, bevor es eine konkrete Ent­wick­lungsidee für die Flächen der Gemeinde gibt. Die Bürger werden in den Prozess so frühzeitig integriert, dass die Gemeinde gemeinsam mit der Bürgerschaft zukünftige Wohnbauflächen und erste konzeptionelle Ideen für Flächen entwickelt. Die konstruktive Einbindung der Bürgerschaft wird die Akzeptanz für neue Wohnbauflächen fördern und spätere Beteiligungsprozesse verkürzen.

Meistens sind jedoch solche Beteiligungen mit Kosten verbunden. Die Kommunen sollten daher bei der Initiierung solcher frühzeitigen Bürger- bzw. Baulanddialoge finanziell gefördert werden.

  • Broschüren und Leitfäden erstellen
  • Öffentliche Veran­staltungen durchführen
  • Wettbewerbe veranstalten

Nach Jahren, in denen Wohnbaulandentwicklung und Wohnungs­bau mit allen damit verknüpften Themen (strategisches Flächenmanagement, Mobilität, Freiraum, Infrastruktur, Klima, Energie etc.) in den allermeisten Kommunen kein großes Thema war, sehen sich die Akteure nun mit komplexen Frage­stellungen konfrontiert, bei denen ihnen (Erfahrungs-)wissen fehlt.

Die Allianz für Wohnen in Hessen hat in den vergangenen drei Jahren bereits Veran­staltungen, Regionalkonferenzen, Leitfäden und Fachforen angeboten, die auf sehr gute Resonanz gestoßen sind, ebenso wurde eine umfassende Website zum Thema Wohnungs­bau aufgebaut. Auch die Bündnispartner haben zahlreiche Veran­staltungen und Informationsplattformen angeboten.

Es hat sich gezeigt, dass dennoch weiterer Informationsbedarf besteht. Wichtige Themen sind weiterhin:

  • Gute Beispiele der Baulandausweisung und Mobilisierung von Potenzialen als Gewinn für Kommunen (Nachverdichtung, Diversifizierung des An­ge­bots, moderne / demografiege­rech­te Wohnungen, Auslastung von vorhandener Infrastruktur bzw. bedarfsge­rech­te Ergänzung etc.)
  • Information über Förderregularien
  • Nutzung des vorhandenen rechtlichen Instrumentariums (Bauamtsleiter)
  • Liegenschaftspolitik und Baulandstrategien (Erbbaurecht, Vorkaufsrechte, Ent­wick­lungsmaßnahmen, Konzeptvergaben etc.)
  • Datenbasis zu Wohnungsbedarf und -angebot erweitern, Wohnraumversorgungskonzepte nutzen
  • Weitere Einzelthemen: Umgang mit Problemimmobilien, "Bezahlbarkeit“ von An­ge­boten analysieren

Zu diesen Themen sollten weiterhin zielgruppenge­rech­te Formate wie Broschüren, Leitfäden, Veran­staltungen, Arbeitskreise, Fachgruppen oder Wettbewerbe organisiert werden.

  • Rahmensetzungen zur Beschleunigung von Baulandentwicklung
  • Dialog mit den kommunalen Spitzenverbänden

In den Regionalplänen werden die Ziele und Grundsätze der Raum­ordnung für die Planungsregionen Nord-, Mittel- und Südhessen festgelegt.

Sie sind überörtliche, fachlich übergeordnete Planwerke, in denen vielfältige, oft widerstreitende Nutzungsansprüche an den Raum planerisch aus­geglichen und abgewogen werden sollen (im Gebiet des Regionalverbandes Frank­furtRheinMain sind Regionalplan und Flächennutzungsplan zu einem ge­meinsamen Planwerk, dem Regionalplan Südhessen / Regionalen Flächennutzungsplan, zusammengefasst).

Im Zuge der aktuellen Heraus­forderungen an den Wohnungsmärkten müssen Landes und Regionalplanung steuernd und ausgleichend wirken. Sie legen räumlich fest, entlang welcher Ent­wick­lungsachsen und in welchen Zentralen Orten Schwerpunkte der Siedlungsentwicklung möglich sind.

Andererseits gewinnen interkommunale Planungen und Konzepte an Be­deutung. Die Kommunen eines Handlungsraums stimmen zunehmend Infrastrukturvorhaben, aber auch Flächenausweisungen ab. Wünschenswert ist eine gewisse Flexibilität, um Vorhaben wie die Ent­wick­lung neuer Wohn- oder Gewerbegebiete unter Beachtung der regio­nalplanerischen Vorgaben zur Siedlungsentwicklung für einen Handlungsraum räumlich zu verorten.

Dieser über eine einzelne Kommune hinausgehende Ansatz zur Formulierung von Zielgrößen und „Leitplanken“ wird auch im Rahmen der derzeit laufenden Erstellung eines regio­nalen Ent­wick­lungskonzepts Südhessen aufgegriffen, welches das RP Darm­stadt als in­formelle Vorstufe zur Neuaufstellung des Regionalplans Südhessen / Regionalen Flächennutzungsplans in Auftrag gegeben hat.

Es sollte geprüft werden, inwieweit dieser Ansatz einen Beitrag dazu leisten kann, dass ein höherer Anteil regio­nalplanerisch gesicherter Flächen zur Baulandentwicklung für den Wohnungs­bau genutzt wird.

Hierfür soll auch der Dialog mit den Kommunen unter Einbeziehung der kommunalen Spitzenverbände vertieft werden.

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