
Infrastruktur und Wohnen sind strategische Fragen
Wiesbaden, 20. August 2025 – Um dem Wohnungsmangel abzuhelfen, hat die Bundesregierung den sogenannten Wohnungsbau-Turbo beschlossen. Mit dem geplanten § 246e BauGB wird es Kommunen erlaubt, von bauplanungsrechtlichen Vorschriften abzuweichen. So soll im Befristungszeitraum bis 2030 schneller Bauland, vornehmlich im Außenbereich, für den Wohnungsbau ausgewiesen werden. Im Ergebnis soll das Bauen verstärkt in den planungsrechtlichen Außenbereichen der Orte möglich werden. Das wird zu vermehrter Flächeninanspruchnahme statt Flächensparsamkeit führen. Es wird Bodenspekulation Vorschub leisten. Am Ende werden Siedlungen erzeugt, in denen man nicht wohnen will und kann, denn die nötige Infrastruktur von öffentlichem Nahverkehr, Nahversorgung bis Kindertagesstätten und Schulen kann ohne Plan nicht entstehen.
Die Bundes- und Landesregierungen müssen im grundsätzlich begrüßenswerten Bestreben, Wohnungsbau anzukurbeln, dringend strategischer vorgehen. Die Mittel des Sondervermögens sind nur einmal auszugeben. Die Frage, wo diese Mittel die beste Wirkung erzeugen, in welchen Räumen Entwicklung förderlich und wo sie schädlich ist, kann man nicht mit einem pauschalen „Irgendwo“ beantworten. Denn die erforderlichen Entscheidungen über Infrastruktur werden über Jahrzehnte hinweg den Entwicklungspfad in der Siedlungsstruktur prägen. Es besteht jetzt die Chance, Wohnungsbau als Teil der Umwelt-, Sozial- und Wirtschaftspolitik zu verstehen und daraus Win-win-Effekte auch für die regionale Wertschöpfung zu generieren.
Langlebige Qualitäten und Entwicklungspotenziale sollten der Maßstab des Handelns sein. Ausgehend von der Annahme, dass Kommunen schon deswegen Bauland nur zögerlich ausweisen, weil sie die Folgekosten für die entsprechende Infrastruktur kaum tragen können, steht nun der Vorschlag einiger Verbände im Raum, bei der anstehenden Überarbeitung des Kommunalen Finanzausgleichs (KFA) den Kommunen einen finanziellen Anreiz für die Ausweisung von Wohnbauflächen zu geben. Zudem wird noch ein zusätzlicher Geschwindigkeits-Bonus vorgeschlagen, wenn Kommunen den Bau-Turbo des neuen § 246e BauGB zur beschleunigten Ausweisung von Bauland nutzen.
Die Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen (AKH) hält diesen Vorschlag für kontraproduktiv. Das Bestreben, im BauGB die Verfahren zur Aufstellung von Bebauungsplänen zu vereinfachen und zu beschleunigen, ist nachvollziehbar und wird von der AKH unterstützt. Jedoch ist die durch den § 246e BauGB geplante Zurückdrängung der Bauleitplanung der falsche Weg. Denn in der Praxis müssen weiterhin Nutzungskonflikte der begrenzten Ressource Boden vor Ort ausgehandelt und bodenordnungsrechtliche Verhältnisse geklärt werden, um Investitionssicherheit herzustellen. Hierfür stellt die Bauleitplanung mit Bebauungsplänen das geeignete Werkzeug zur Verfügung. AKH und BAK (Bundesarchitektenkammer) warnen daher vor finanziellen Fehlanreizen, die lediglich dazu führen, dass das ohnehin sehr teure Bauen letztlich noch teurer wird.
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