Christoph-Graupner-Schule - Sanierung des Bestandsgebäudes und Erweiterungsneubau

Preisgerichtsentscheidung liegt vor

Fach­richtungAr­chi­tek­tur, Innen­architektur
WettbewerbsformNichtoffener Realisierungs­wett­bewerb mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb
OrtDarm­stadt
AusloberWissenschaftsstadt Darm­stadt
Betreuunga:dk architekten datz kullmann, Mainz
PreisrichterProf. Kerstin Schultz (Vorsitz), Uwe Bellm, Birgit König-Ehmke, Peter Sichau, Rafael Reißer, Vanessa Dyroff, Stefanie Wenzel

Besondere pädagogische Ar­chi­tek­tur gefordert
Die Sanierung und Erweiterung der Christoph-Graupner-Schule in Darm­stadt

In der Christoph-Graupner-Schule in Darm­stadt drängen sich derzeit 144 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit unterschiedlichsten Be­hin­der­ungen – fast doppelt so viele wie zur Gründungszeit in den späten Siebzigern. Für 75 Schülerinnen und Schüler war die Schule am Bürgerpark gebaut worden. Trotz Inklusion an den Regelschulen: Die Förderschule mit Schwerpunkt geistige Ent­wick­lung und einer Abteilung körperlich-motorische Ent­wick­lung wächst stetig weiter.

Nun soll das Bestandsgebäude, das in zwei Bauabschnitten 1978 mit der Grundstruktur und 1986 mit weiteren Klassenräumen, Fachräumen, Schwimmbadund physiotherapeutischem Bewegungszentrum erweitert wurde, an den erhöhten Raumbedarf angepasst und durch einen Neubau ergänzt werden. Darüber hinaus besteht hoher Sanierungsbedarf, vor allem in Bezug auf Anzahl und Ausstattung der Sanitärräume, die barrierefreie Erschließung sowie die Flucht- und Rettungswege für alle Funktionsbereiche. Über die Jahre ist der Anteil an Schülern mit komplexen und mehrfachen Be­hin­der­ungen stetig angestiegen - aktuell sind rund 25 Prozent der Schüler auf einen Rollstuhl angewiesen. Neben der Flächenerweiterung sind daher auch vielfältige besondere funktionale Anforderungen zu erfüllen. In dem von der Wissenschaftsstadt Darm­stadt ausgelobten nichtoffenen Realisierungs­wett­bewerb wurden drei Preise und zwei Anerkennungen vergeben. Die Verfahrensbetreuung übernahmen a:dk architekten datz kullmann aus Mainz.

Der Siegerentwurf der STUDIO SF Simon Fischer & Architekten GmbH aus Mannheim überzeugte mit einem stringenten städtebaulichen Konzept dreier gegeneinander verschobener Kuben. Der Bestandsbau wird um einen weiteren Bauteil im Osten ergänzt, der eine angenehme Raumkante zum Zugang des Bürgerparks bildet. Der westliche Flachbau mit Bewegungszentrum bleibt erhalten. „Der Bestand wird so auf kluge Weise in ein neues Gebäudekonzept überführt, das vorhandene Qualitäten erkennt und wahrt sowie durch geschickte Ergänzungen erweitert“, lobte die Jury. Als besonders gelungen erachtete sie die Adressbildung der Schule sowie die Schaffung einer neuen, großzügigen Mitte mitFoyer und darüber liegendem Atrium. Positiv bewertet wurden auch die gut organisierten Grundrisse, die dem pädagogischen Konzept entsprechend verschiedene Aufenthaltsqualitäten von kommunikativ und aktiv bis ruhig und geschützt bieten. Der vollständige Erhalt des vorhandenen, parkartigen Schulgeländes und die vorgeschlagene Begrünung der Dachflächen stießen ebenfalls auf Zustimmung des Preisgerichts. „Insgesamt gelingt dem Entwurf eine souveräne städtebauliche und ar­chi­tek­to­nische Neuformulierung des Schulgebäudes unter kluger Einbeziehung des Bestandes“, lautete das Juryurteil.

Die zweitplatzierte Arbeit der Trapez Ar­chi­tek­tur GmbH aus Hamburg sieht eine weitgehende Zweigeschossigkeit des Gebäudes vor, durch die eine angenehme Integration in das bauliche und landschaftliche Umfeld gelingt. Es entstehen große zusammenhängende Geschossebenen, die die Nutzung und Erschließung des Gebäudes erleichtern sollen. Die Grundrissstruktur ist dreibündig versetzt angelegt und bietet eine qualitätsvolle Raum- und Erschließungsorganisation. Sowohl die Schulräume als auch die Erschließungsbereiche weisen vielfältige Außenbezüge auf. Insbesondere der Wechsel von offenen und abgeschlossenen, ruhigen und kommunikativen Lernbereichen wurde begrüßt. Der Grundidee einer kleinen „Schulstadt“ folgend sind die Klassenräume weitgehend auf einer Ebene organisiert sind. Der Eingang mit dahinterliegendem, zweigeschossigem Foyer müsse jedoch deutlicher betont werden; auch eine stärkere Freiraumverbindung im Erdgeschoß wäre wünschenswert. „Der Entwurf wird als qualitätsvoller Beitrag mit einer sehr eigenständigen Ar­chi­tek­turauffassung eingeschätzt, der fürdie besondere Schulnutzung eine Vielzahl von interessanten Vorschlägen bietet und eine pädagogische Qualität liefert“, so das Fazit der Jury.

Hauptmerkmal des drittplatzierten Entwurfs der SHP Architekten BDA aus Darm­stadt ist die ar­chi­tek­to­nische Weiter­entwicklung des Terrassenthemas aus dem Bestandsgebäude heraus. „Hierdurch entsteht ein iden­ti­täts­stiftender Baukörper mit einer sehr hochwertigen, beinahe musealen Wirkung“, so die Jury. Den Grundrissen fehle es jedoch an organisatorischer Klarheit und Großzügigkeit, die Flure seien teilweise zu schmal. Dennoch liefere der Beitrag sehr gute Vorschläge zur Gestaltung der Klassenräume mit multifunktionalen Flurwänden – abwechselnd werden Nischen für Rollstühle auf den Flurseiten und Küchenzeilen innerhalb der Klassen vorgeschlagen. Gelobt wurde auch die Rampe von der nördlichen Terrasse in den Schulhof oder Garten. Diese komme jedoch leider nur dem 1. Obergeschoss zugute.

Anerkennungen gingen an reichert schulze architekten PartGmbB aus Stuttgart, die als einzige im Teilnehmerfeld eine Rampenkonstruktion als Alternative zu einer Aufzugserschließung vorschlägt, und Dierks Blume Nasedy Architekten aus Darm­stadt.

Das Preisgericht unter Vorsitz der Reichelsheimer Architekt­in Prof. Kerstin Schultz empfahl der Stadt Darm­stadt, den Verfasser des ersten Preises mit den weiteren Planungen zu beauftragen.

Lena Pröhl