
EU-Gebäuderichtlinie: Architekt*innen als Schlüssel zur Umsetzung
Die neue EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) wird den deutschen Immobilienmarkt verändern – und viele Eigentümerinnen und Eigentümer direkt betreffen: Erstmals sollen beim Neubau die CO₂-Emissionen eines Gebäudes über den gesamten Lebenszyklus berechnet werden – also von der Herstellung der Baustoffe bis zum Rückbau. Auch für den Bestand kommen erstmals verbindliche Vorgaben. In der öffentlichen Debatte ist davon bislang kaum etwas angekommen – dabei geht es um nichts Geringeres als die Frage, wie künftig gebaut, geplant und saniert werden darf.
Die Bundesarchitektenkammer (BAK) hat ein Positionspapier veröffentlicht, das zeigt, wie sich diese neuen Anforderungen praktikabel und verantwortungsvoll umsetzen lassen – mit klimapolitischem Anspruch, aber auch mit Planungssicherheit und gesellschaftlicher Anschlussfähigkeit.
Das Positionspapier benennt vier zentrale Hebel für eine tragfähige Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie:
1. Sanierungen tragfähig machen – mit Raum für individuelle Lösungen
Die große Mehrheit des Gebäudebestands muss in den kommenden Jahren saniert werden. Die Richtlinie setzt hierfür erstmals verbindliche Ziele. Damit daraus keine sozialen Härten oder technisch nicht erfüllbaren Anforderungen entstehen, braucht es flexible, aber transparente Wege der Umsetzung. Die BAK schlägt ein bundesweit einheitliches Abweichungsverfahren vor, das Eigentümern ermöglicht, mit fachlicher Begleitung individuelle Lösungen zu finden – dokumentiert, rechtssicher und nachvollziehbar. Architekt*innen wirken hier als Bindeglied zwischen gesetzlichen Vorgaben und machbarer Sanierungspraxis.
2. Lebenszyklus-CO₂ von Anfang an mitdenken
Künftig soll berechnet werden, wie viel CO₂ ein Gebäude über seinen gesamten Lebenszyklus verursacht – von der Herstellung der Baustoffe bis zum Rückbau. Die BAK empfiehlt, diese sogenannte Lebenszyklus-Bilanz (LCA) nicht als neues Spezialverfahren zu behandeln, sondern als festen Bestandteil der Planung zu etablieren – vergleichbar mit der Kostenplanung. Architekt*innen bringen Gestaltung, Technik und Wirtschaftlichkeit zusammen – und sorgen dafür, dass CO₂-Grenzwerte nicht nur eingehalten, sondern auch gestalterisch sinnvoll umgesetzt werden.
3. Weniger Energiebedarf – niedrigere Kosten, besserer Hitzeschutz
Auch in einer klimaneutralen Energieversorgung bleibt ein niedriger Energiebedarf entscheidend – für tragbare Betriebskosten, stabile Netze und gute Aufenthaltsqualität. Architekt*innen leisten hier viel: Sie gestalten Gebäude so, dass Energie gar nicht erst in großen Mengen gebraucht wird – etwa durch kompakte Grundrisse, gute Orientierung, baulichen Hitzeschutz und durchdachte Lüftungskonzepte. Wo möglich, setzen sie auf einfache, robuste Low-Tech-Lösungen statt auf wartungsintensive Technik. Das senkt Risiken, spart Kosten – und erhöht die Alltagstauglichkeit.
4. Daten zugänglich machen – für bessere Entscheidungen
Die EPBD verpflichtet die Mitgliedstaaten, eine zentrale Gebäudedatenbank zu schaffen. Die BAK empfiehlt, diese nicht nur als Datensilo zu gestalten, sondern als Instrument, von dem Eigentümer*innen, Planende, Politik und Verwaltung gleichermaßen profitieren. Wer etwa den CO₂-Fußabdruck seines Gebäudes kennt, kann Sanierungen gezielter planen. Wer die Entwicklung im Gebäudebestand systematisch auswertet, kann wirksamere Förderprogramme und Grenzwerte aufsetzen. Die Grundlage ist eine digitale Infrastruktur, die Planungs- und Genehmigungsprozesse ergänzt – ohne sie zu verkomplizieren.
Das vollständige Positionspapier steht hier zum Download bereit.
BAK-Positionspapier zur EU-Gebäuderichtlinie
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Quelle:
CATHRIN URBANEK,Referatsleiterin Öffentlichkeitsarbeit
Bundesarchitektenkammer e. V.
Askanischer Platz 4 | 10963 Berlin
T: +49 30 26 39 44-40, urbanek@ bak.de