Städtebau im Nationalsozialismus
Angriff, Triumph, Terror im europäischen Kontext 1933 – 1945
Ob sumerische Zikkurat, ägyptische Pyramiden, aztekische Tempelanlagen oder mittelalterliche Trutzburgen – monumentale Bauwerke dienten immer auch als Ausweis von Machtverhältnissen, als steinerne Manifestationen von Herrschaft. Dies gilt nicht nur für einzelne Bauten: Baulich-räumliche und gesellschaftliche Verhältnisse spiegeln einander wider und beeinflussen sich gegenseitig.
Auch in der nationalsozialistischen Diktatur wurde der Städtebau instrumentalisiert zur Legitimation von Herrschaft, zur Demonstration von Stärke in Konkurrenz zu anderen Staaten, zur Umsetzung staats- und gesellschaftspolitischer Ziele. Dem Autorenteam der vorliegenden Neuerscheinung kommt das Verdienst zu, den Städtebau der NS-Diktatur nicht nur in seiner Komplexität und Entwicklung umfassend zu analysieren, sondern ihn in einen Kontext zu anderen europäischen Diktaturen des 20. Jahrhunderts wie der Sowjetunion und dem faschistischen Italien einzuordnen. Mit dem von den Herausgeber*innen gewählten gesellschaftswissenschaftlichen Ansatz wird der Begriff Städtebau sehr weit gefasst. Er umschließt neben der gebauten und gezeichneten städtebaulichen Form die Prozesse, die zu ihrer Entstehung geführt haben und die Verhältnisse, die diese Prozesse ermöglicht haben.
Die Darstellung ist in drei Entwicklungsabschnitte unterteilt, verbunden durch kurze Brückenkapitel:
- Angriff (1933-1937): Auf der Suche nach dem nationalsozialistischen Städtebau
- Triumph (1937-1941): Große Pläne über alles
- Terror (1941-1945): Städtebau im Weltkrieg
Auf die Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse folgt ein kurzer Abriss des Umgangs mit dem städtebaulichen Erbe des Nationalsozialismus nach 1945 mit dem zutreffenden Hinweis, dass hier weitere Untersuchungen notwendig sind.
Der Band „Städtebau im Nationalsozialismus“ ist keine leichte Lektüre. Doch vor dem Hintergrund des weltweiten Erstarkens autokratischer Regierungen und Herrschaftsformen bietet er Planerinnen und Planern 80 Jahre nach dem Ende der nationalsozialistischen Diktatur viel Stoff zum Nachdenken über die gesellschaftliche Relevanz ihrer Tätigkeit und die Rolle der gebauten Umwelt.