Lernen im Cluster oder die neue Gemeinschaft der Räume
Die neue Hessenwaldschule liegt inmitten eines Waldgebiets zwischen Erzhausen und Gräfenhausen auf einer kleinen Lichtung. Als kooperative Gesamtschule der Sekundarstufe I für 700 Schulkinder mit durchlässigen Schullaufbahnen (Gymnasium, Realschule, Förderstufe und verbundener Haupt-Realschule) konzipiert, ersetz sie einen nicht sanierungsfähigen Waschbeton-Schulbau aus den Siebzigerjahren.
Der Neubau versteht sich als Lernhaus und grenzt sich von der traditionellen Flurschule ab. Er unterscheidet sich im Wesentlichen darin, indem er einen ganzheitlichen Ansatz von pädagogischen, räumlichen und organisatorischen Strukturen in Einklang miteinander zu verbinden sucht. Als „dritter Pädagoge“ unterstützt die Architektur das pädagogische Leitmotiv einer individuellen Förderung, das eigenverantwortliche Lernen sowie die Teambildung und macht es in der Differenzierung der Baukörper ablesbar.
Ein Lernhaus als Cluster
Von einem zentralen Verbindungsbau, welcher die öffentlichen und gemeinschaftlichen Funktionen, wie Aula, Musikraum sowie Pausenhalle aufnimmt, erschließt man drei angegliederte Baukörper, die in den Obergeschossen separate Einheiten an Klassenzimmern für die einzelnen Jahrgangsbereiche mit „gemeinsamer Mitte“ ausbilden – gewissermaßen eine kleine Schule in der Schule. Zentrales Element der „gemeinsamen Mitte“ ist das Lesepodest, welches den flexibel nutzbaren Gemeinschaftsbereich vor den Klassenzimmern in eine offene oder leicht abgeschirmte Raumsequenz als Rückzugsort unterteilt.
Die Hessenwaldschule besticht durch ihre konzeptionelle Klarheit und durch ihre plastische Durcharbeitung von konstruktiven Details (V-Stützen, kraftvolle Pilotis, etc.) bis zur Gesamtgestaltung der Baukörper (schräg zulaufende Fensterleibungen, gefaltetes Streckmetall als raumbildender Sonnenschutz, etc.). Aufgrund ihrer besonderen Grundrißdisposition mit dem Konzept des Clusters liefert sie einen wichtigen Beitrag zum aktuellen Schulbau in Hessen.
Die Zukunft unserer Gesellschaft hängt von den Bedingungen ab, unter denen wir Bildung für unsere Kinder ermöglich. Bauten für die Bildung beeinflussen somit die kulturelle Qualität unseres zukünftigen Zusammenlebens. Schulbauten sind Kulturbauten und keine Zweckbauten, die das Gemeinwesen nolens volens realisieren muss.
Prof. Tobias Wulf, wulf architekten, Stuttgart. Auszug aus dem Projekttext Auszeichnung vorbildlicher Bauten im Lande Hessen 2017
Pläne
Steckbrief
Objekt | Hessenwaldschule, Wolfsgartenallee 8, 64331 Weiterstadt |
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Bauvorhaben | Neubau |
Typologie | Schulbau |
Architekten | wulf architekten, Stuttgart, www.wulfarchitekten.com |
Bauherren | Da-Di-Werk, Eigenbetrieb für Gebäude- und Umweltmanagement des Landkreises Darmstadt-Dieburg, Darmstadt |
Fertigstellung | 2016 |
Auszeichnungen | Staatspreis „Vorbildliche Bauten im Lande Hessen 2017“ |