
Re-Cycling: Urban Mining Modellprojekt Rathaus Korbach
Der Bestand des Vorgängerbaus dient als als Ressource für den Neubau als sogenannte urbane Mine. Damit verbindet sich Wiederverwertung von Abriss und Reduzierung von Bauschutt zugleich.
Mit dem Erweiterungsbau des Rathauses der Kreis- und Hansestadt Korbach ist kreislaufgerechtes Bauen in Hessen erstmals in einem größeren Maßstab erprobt worden. Der Abriss eines Vorgängerbaus aus den 1970er-Jahren an gleicher Stelle bietet als sogenannte „urbane Mine“ die materiellen und baustofflichen Ressourcen für den Neubau. Aufgrund seiner energetischen und funktionalen Defizite konnte der alte Betonbau nicht ertüchtigt werden. Nach einer Massenermittlung der zurückzugewinnenden Baustoffe, sind diese auf ihre Recyclingfähigkeit überprüft worden, so dass aus dem Rückbau ca. 600 Tonnen Beton (R-Beton) für den Neubau – in Form von Tragwerk und Fassadenbetonfertigteilen – zur Verfügung standen. Neben dieser Wiederverwendung ist bei der Planung des Neubaus von Anfang an auch der Fall seines eigenen Um- und Rückbaus berücksichtigt und bis ins kleinste Detail umgesetzt worden. „Weniger ist mehr“ und die Möglichkeit einer sortenreinen Trennung bestimmen die Materialwahl sowie das Konstruieren und Fügen, so dass ein Wertstoffkreislauf jetzt und auch zu einem späteren Zeitpunkt garantiert werden kann. Die Wiederverwendung des Baustoffs Beton zieht sich als optische und haptische Materialität durch das gesamte Neubauprojekt. Während im Innern grauer Sichtbeton die Atmosphäre prägt, sind die Fassadenbetonfertigteile durch das Zuschlagsmaterial leicht gesprenkelt und farblich differenzierter. Repräsentative Bereiche, wie das Foyer, werden mit Holzpanelen ausstaffiert – und alles in einem tektonisch, additiv aufbauenden und reduzierten Charakter.
Diese Herangehensweise ist auch für ein zusätzliches Stadthaus auf der Rückseite des Rathauses praktiziert worden. Es bildet zusammen mit dem Alt- und Neubau ein Ensemble und bezieht sich in Material, Formensprache und Details auf den Erweiterungsbau. Die beiden neuen Baukörper fügen sich in ihrer Körnung und Maßstäblichkeit in die historische Fachwerkstadt ein und bilden an erforderlicher Stelle besondere Stadt- und Begegnungsräume aus. So erhält das Rathaus zum Beispiel einen neuen Festplatz zur Haupteingangsseite, welcher den repräsentativen Charakter als offenes Haus für seine Bürger*innen unterstreicht.



Objekt | Rathaus Korbach, Stechbahn 1, 34497 Korbach |
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Bauvorhaben | Stadtentwicklung, Bauen im Bestand, Neubau |
Typologie | Verwaltungsbau, Bürogebäude |
Architekten | ARGE agn heimspiel architekten, Münster, www.agn.de, www.heimspielarchitekten.de |
Bauherren | Hanse- und Kreisstadt Korbach, Fachbereichsleitung Bauen und Umwelt |
Fertigstellung | 2022 |
Auszeichnungen | Anerkennung auf dem Gebiet einer resilienten, gemeinwohlorientierten Daseinsvorsorge, Auszeichnung Vorbildlicher Bauten im Land Hessen 2023, verliehen vom Land Hessen und der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen |