
BESUCHERZENTRUM und städtebauliche Entwicklung MATHILDENHÖHE, Darmstadt
Preisgerichtsentscheidung liegt vor
Fachrichtung | Architektur, Landschaftsarchitektur |
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Wettbewerbsform | Nichtoffener hoch- und freiraumplanerischer Realisierungswettbewerb mit städtebaulichem Ideenteil. Dem Wettbewerb ist ein qualifiziertes Bewerbungs- und Auswahlverfahren vorgeschaltet. |
Ort | Darmstadt |
Auslober | Magistrat der Wissenschaftsstadt Darmstadt |
Betreuung | BÄUMLE Architekten | Stadtplaner, Darmstadt |
Preisrichter | Prof. Arno Lederer (Vorsitz), Brigitte Holz, Prof. Dr. Werner Durth, Matthias Hein, Jochen Krehbiehl, Rebekka Junge, Tobias Mann, Till Schneider, Prof. Anke Mensing, Jochen Partsch, Dr. Barbara Boczek, Prof. Dr. Ludger Hünnekens, Lars-Christian Uhlig, Dr |
Mathildenhöhe erhält neues Entree
Neubau des Besucherzentrums und städtebauliche Entwicklung der Mathildenhöhe in Darmstadt
Darmstadt gilt als Zentrum des Jugendstils. Vor allem die 1899 von Großherzog Ernst Ludwig eingerichtete Künstlerkolonie auf der Mathildenhöhe ist ein beliebtes Ausflugsziel für Architektur- und Kulturinteressierte. Im Zuge des Bewerbungsprozesses um die Anerkennung der Mathildenhöhe als UNESCO-Welterbestätte plant die Stadt Darmstadt nun den Bau eines Besucherzentrums. Der barrierefreie Neubau soll als östliches Entree zur Mathildenhöhe fungieren und Informations- und Sanitärräume für die Besucher, Veranstaltungsräume, Büroflächen sowie gastronomische Angebote aufnehmen. Darüber hinaus war ein städtebauliches Ideenkonzept für die weitere Entwicklung der derzeit noch brachliegenden Flächen am Nord- und Osthang mit ergänzenden kulturellen Einrichtungen gefordert.
Bei dem europaweit ausgeschriebenen nichtoffenen Realisierungswettbewerb hatten 22 Bewerber ihre Ideen eingereicht. Betreut wurde das Verfahren vom ortsansässigen Büro BÄUMLE Architekten | Stadtplaner. Das Preisgericht, dem Prof. Arno Lederer aus Stuttgart vorsaß, vergab zwei Preise und zwei Anerkennungen.
Der Siegerentwurf des österreichischen Architekturbüros Marte.Marte Architekten ZT GmbH mit WES GmbH Landschaftsarchitektur aus Hamburg konnte durch seine Schlichtheit sowie einen behutsamen Umgang mit dem Osthang als stark durchgrüntem Areal bestechen: Die Verfasser präsentieren einen zweigeschossigen Flachbau mit Sichtbeton-Fassade und großzügigen Glasfronten, der zwischen Ausstellungsgebäude und historischem Ateliergarten vermitteln soll. Der Neubau „erfüllt sehr gut die Aufgabe eines Durchgangsraums für die Vorbereitung auf das Areal der Mathildenhöhe und ist als ein Ort der Informationsvermittlung klar auszumachen“, so die Preisrichter. Auch lobten sie das vielseitig nutzbare räumliche Angebot. „Die unprätentiöse Entwurfshaltung fokussiert sich auf die Inszenierung des landschaftlich geprägten Osthangs (…). In seinem zweigeschossigen Aufbau ist das Gebäude sehr übersichtlich organisiert und entspricht in hohem Maße den funktionalen Anforderungen an ein Besucherzentrum“, hieß es in der Urteilsbegründung.
Mit einem zweiten Preis wurde die Arbeit des Berliner Architekten Max Dudler mit Landschaftsarchitekt Planorama Maik Böhmer bedacht. Der Entwurf sieht ein neues, dicht bebautes Quartier am Osthang vor, das eine Brücke zur neuen Künstlerkolonie im Park Rosenhöhe schlägt. Aber auch ohne diese städtebaulichen Ergänzungsbauten könne sich das „markante“ und zugleich „elegante“ Besucherzentrum im Park behaupten, da es einen „urbanen Kontrast zur Vegetation im Landschaftsrelief des Osthangs bietet und den historischen Ateliergarten gut einbindet“, so die Preisrichter. Zudem stelle das dreigeschossige Besucherzentrum ein „überzeugendes stadträumliches Gelenk zwischen den Bauten der Hochschule und den Häusern am Olbrichweg“ dar. Besonders angetan zeigte sich das Preisgericht von der inneren Organisation: Das Foyer ermögliche eine leichte Orientierung und lasse schon auf den ersten Blick die bei der Ankunft von Besuchern erforderlichen Serviceleistungen erkennen. Weitere Information und spezifische Vermittlungsformate hingegen können in den Obergeschossen besucht werden. Hier sind auch die Arbeitsbereiche integriert. „Der Entwurf hat sein Alleinstellungsmerkmal darin, dass er durch die bauliche Überformung der Bestandssituation ein überzeugendes Leitbild für die Entwicklung des Osthangs anbietet“, lautete das Fazit.
Eine Anerkennung ging an das Darmstädter Büro Kramm & Strigl Architekten und Stadtplaner mit Freiraum Rabsilber + Heckmann aus Wiesbaden. Die Verfasser schlagen einen skulpturalen Baukörper mit großen Fassadenöffnungen vor, die nicht nur vielfältige Aus- und Einblicke sondern auch eine gute Belichtung ermöglichen. Eine weitere Anerkennung erhielten die Berliner Bruno Fioretti Marquez Architekten und Atelier Loidl Landschaftsarchitekten für ihr als „Split Level“ organisiertes Besucherzentrum. Dieses lasse sich „wie selbstverständlich und ohne große Geländeveränderungen in den Hang einbetten“ und biete zudem eine gute innere Orientierung.
Das Preisgericht empfahl, die weitere Planung auf Grundlage des ersten Preisträgers vorzunehmen. Läuft alles nach Plan, soll im 2020 mit den Bauarbeiten begonnen und das neue Besucherzentrum bereits 2022 eröffnet werden. Die Entscheidung, ob das Jungendstilensemble Mathildenhöhe Welterbe wird, fällt im Sommer 2020.
Lena Pröhl