Bürgerhaus Kastel und Kostheim, Neubau eines ge­meinsamen Bürgerhauses

Preisgerichtsentscheidung liegt vor

Fach­richtungAr­chi­tek­tur
WettbewerbsformEinstufiger, nichtoffener Realisierungs­wett­bewerb mit anschließendem Verhandlungs­verfahren nach VgV
OrtMainz-Kastel und Mainz-Kostheim
AusloberLandes­haupt­stadt Wies­ba­den
Betreuunggoedeking architekten, Frank­furt/Main
PreisrichterProf. Michael Schumacher (Vorsitz), Peter Maurer, Prof. Dieter Müller, Ines Schulz, Ulrike Pape, Prof. Felix Waechter, Gerd-Uwe Mende, Hans-Martin Kessler, Christa Gabriel, Stephan Lauer, Rainer Schuster

Multifunktionales Bürgerhaus
Neubau eines ge­meinsamen Bürgerhauses für Mainz-Kastel und Mainz-Kostheim

Die Landes­haupt­stadt Wies­ba­den liegt im Südwesten Hessens und bildet mit der angrenzenden rheinland-pfälzischen Landes­haupt­stadt Mainz ein länderübergreifendes Doppelzentrum. Zu den 26 Ortsbezirken zählen auch die beiden benachbarten Stadtteile Mainz-Kastel und Mainz-Kostheim, die kleinstadtähnlichen Charakter besitzen. Da die Bürgerhäuser in beiden Stadtteilen in die Jahre gekommen sind, plant die Stadt an der Nahtstelle zwischen den Stadtteilen den Neubau eines ge­meinsamen, multifunktionalen Bürgerhauses. Dieses soll das städtebauliche Umfeld insgesamt aufwerten und Strahlkraft für zukünftige Ent­wick­lungen erzeugen.

An dem einstufigen, nicht offenen Realisierungs­wett­bewerb mit anschließendem Verhandlungs­verfahren, den goedeking architekten aus Frank­furt betreuten, beteiligten sich 22 Büros aus ganz Deutsch­land. Als Sieger setzte sich klar das Stuttgarter Büro dasch zürn und partner architekten durch. Die Verfasser präsentieren einen L-förmigen Baukörper im südwestlichen Grundstücksbereich, der einen gut proportionierten Vorplatz aufspannt und als Entrée des Bürgerhauses fungiert. Über das Foyer gelangt man in den großen Saal mit Bühne, der über einen separaten Künstlereingang verfügt. Auch die Clubräume mit Foyer zur Kostheimer Landstraße sind ebenerdig angeordnet und können bei Großveranstaltungen miteingebunden werden. Um Synergien zu nutzen, sind die Garderoben und Nebenflächen zwischen Saal und Clubräumen platziert. Flexible Raumtrennwände er­mög­lichen für den Saal- und Clubraumbereich zahlreiche Nutzungsvarianten. Im Obergeschoss befinden sich die Räume für die Vereine. Besonders angetan zeigte sich die Jury von den Erschließungsflächen, die über einen eingeschnittenen Innenhof belichtet werden und als Kommunikations- und Begegnungszone dienen. Das äußere Erscheinungsbild wird von einem spannungsreichen Wechsel großflächiger Verglasungen mit geschlossenen Außenwandflächen geprägt. Insgesamt überzeuge die Arbeit durch ihre Stringenz und Einfachheit. Das neue Bürgerhaus entwickle trotz seines zurückhaltenden Ausdrucks eine angemessene Strahlkraft und Identität, so das Fazit der Jury.

Ein dritter Preis ging an KERSTEN KOPP ARCHITEKTEN aus Berlin. Den Verfassern gelinge eine klare, attraktive Adressierung des neuen Bürgerhauses, lobten die Preisrichter. Der kompakte Neubau füge sich gut in die Umgebung ein und hebe sich dennoch durch seinen Solitärcharakter deutlich hervor. Mit großzügigen Verglasungen öffnet sich das Gebäude mit Saal und Foyer nach Nordwesten und Nordosten und bietet so interessante Ein- und Ausblicke. Die Erschließung erfolgt vom Parkplatz kommend über eine große Freitreppe. Sie mündet in eine dem Saalfoyer vorgelagerte Stadtterrasse. Der Haupteingang indessen ist erdgeschossig unter einer kleinen Auskragung im Nordosten platziert. Das Raumprogramm wurde erfüllt, allerdings zeige die Arbeit Schwächen in der funktionalen Anordnung. Kontrovers diskutiert wurde etwa die Lage des Saals im ersten Obergeschoss. Gut gelöst dagegen seien die räumliche Aufteilung und Qualität der Vereins- und Clubräume.

Mit einem weiteren dritten Preis bedachte die Jury die Arbeit der pussert kosch architekten mit Rehwaldt Landschafts­architekten aus Dresden. Der L-förmige Baukörper ist an die westliche Grundstücksgrenze gerückt, wodurch eine großzügige Eingangssituation entsteht. Das verglaste Foyer bildet dabei einen fließenden Übergang in das Gebäude und lässt Innen- und Außenraum mit­ein­ander verschmelzen. Dieses Motiv der Transparenz wird durch den Festsaal Richtung Westen und die Clubräume Richtung Süden durch das gesamte Erdgeschoss geführt. Die großflächigen Fassadenöffnungen verleihen dem Gebäude ein offenes Erscheinungsbild, was zur Identitätsstiftung beitragen wird, waren sich die Preisrichter sicher. Die Anordnung der Vereins- und Büroräume im Obergeschoss sei jedoch uninspiriert und entspreche nicht der gewünschten Offenheit, so das Juryurteil.

Mit einer Anerkennung würdigte das Preisgericht den extravaganten, ökologisch geprägten Beitrag der Mayer Jenner Oumar Architekten aus Wies­ba­den. Kernidee des Entwurfs ist die Platzierung eines Stadtplateaus mit Rampenzugang von der Kostheimer Landstraße, um das herum einzeln gesetzte Baukörper mit begrünten Dächern und Fassaden angeordnet sind. Darüber hinaus erhielt die Arbeit des Kölner Büros trint + kreuder d.n.a. eine Anerkennung, welche die Grundidee einer Burg verfolgt.

Die Jury unter Vorsitz des Frank­furter Architekten Prof. Michael Schumacher empfahl der Ausloberin einstimmig, die mit dem ersten Preis aus­ge­zeichnete Arbeit zur Realisierung.

Lena Pröhl