
Bieber Waldhof West, Offenbach
Preisgerichtsentscheidung liegt vor
Fachrichtung | Landschaftsarchitektur, Stadtplanung |
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Wettbewerbsform | Nichtoffener städtebaulicher und freiraumplanerischer Ideenwettbewerb mit vorgeschaltetem Auswahlverfahren |
Ort | Offenbach |
Auslober | Magistrat der Stadt Offenbach |
Betreuung | a:dk Mainz Christof Kullmann, Dipl.-Ing. Architekt Christian Datz, Dipl.-Ing. Architekt |
Preisrichter | Prof. Dr. Franz Pesch (Vorsitz), Prof. Herbert Dreiseitl, Prof. Dr. Maren Harnack, Dieter von Lüpke, Prof. Dr. Constanze Petrow, Paul-Gerhard Weiß, Sabine Leithäuser |
Neues Quartier mit Anbindung an den Landschaftsraum
Entwicklung des Stadtteils Bieber-Waldhof West, Offenbach
Die Bevölkerung in Offenbach wächst kontinuierlich, Wohnraum wird dringend benötigt. In den nächsten Jahren soll daher westlich des Stadtteils Bieber-Waldhof ein sozial und typologisch gemischtes Wohnquartier mit rund 600 Wohneinheiten und Anbindung an den vorhandenen Landschaftsraum entstehen.
Zu diesem Zweck hatte die Stadt Offenbach einen nichtoffenen, städtebaulich-freiraumplanerischen Ideenwettbewerb ausgelobt, der von a:dk architekten datz kullmann aus Mainz betreut wurde. Das Wettbewerbsgebiet liegt im Südosten des Stadtgebiets von Offenbach zwischen den Ortsteilen Offenbach-Bieber und Bieber-Waldhof und wird im Norden von der Bundesstraße B 448 begrenzt, östlich und südlich grenzen bebaute Flächen an. Das Areal unterteilt sich in 3 Teilbereiche: Der unmittelbar westlich an den Stadtteil Bieber-Waldhof anschließende, 11 Hektar große Teilbereich 1 soll wohnbaulich entwickelt werden; ebenso der 14 Hektar große Teilbereich 2. Für den Teilbereich 3 – das 25 Hektar große, westlich angrenzende Überschwemmungsgebiet der Bieber bis zu ihrem Bachlauf – sind Aussagen zur Verbesserung des Landschaftsraums gefragt. Das nachhaltige Entwicklungskonzept soll innovative Wohnstrukturen und Typologien, 30 Prozent geförderten Wohnraum sowie 35 Prozent gemeinschaftliche Wohnbauprojekte beinhalten. Neben einer klassischen Quartiersmitte sollen weiteren Orte der Begegnung geschaffen werden. Die Verkaufsflächen des Nahversorgers sind zu erweitern; zusätzlicher Einzelhandel wird nicht benötigt.
Der Siegerentwurf des Düsseldorfer Büros rheinflügel severin mit [f] landschaftsarchitektur (Solingen) überzeugt durch eine klare städtebauliche Struktur. Angetan zeigte sich die Jury von der engmaschigen Vernetzung mit dem angrenzenden Stadtteil Waldhof und der Bebauung an der Seligenstädter Straße sowie dem dichten Netz von Fuß- und Radwegen. Das neue Stadtquartier öffnet sich fächerförmig zum Landschaftsraum; der Stadtplatz gibt den Blick in die Landschaft frei. Die Wohngebäude sind als aufgelockerte Blockrandstrukturen mit gemeinschaftlichen Innenhöfen strukturiert. Der gewünschte Wohnungsmix – vom Reihenhaus bis zum Geschosswohnungsbau, vom frei finanzierten über den gemeinschaftlichen und genossenschaftlichen bis hin zum öffentlich geförderten Wohnungsbau – ist gegeben. Auch die zentrale Quartiersgarage wurde positiv bewertet. Der vorhandene Einzelhandelsmarkt erhält eine zeitgemäße Form mit Wohnbebauung in den Obergeschossen. Besonders gut gelöst sei die Ausbildung des westlichen Randes zum Landschaftsraum. „Die mäandrierende Form der Ortskante bringt viele zukünftige Bewohner in den Genuss des weiten Blicks ins Grün und der Wechsel zwischen Landschaftsterrasse und Anger erzeugt viele Nutzungsoptionen,“ hieß es in der Urteilsverkündung.
Den zweitplatzierten Hille Architekten + Stadtplaner (Ingelheim) in Zusammenarbeit mit dem Koblenzer Landschaftsarchitekten Frank Schwaibold gelinge mit einer geschwungenen städtebaulichen Figur ein überzeugender Brückenschlag zwischen Waldhof und Bieber. Die Verfasser schlagen zwei Flügel mit drei- bis viergeschossigen Gebäuden vor. Dazwischen spannt sich ein großer Freiraum auf, der beide Teile des Quartiers untereinander und mit dem Stadtteil Waldhof verbindet. Der Quartierspark bietet ein vielfältiges Nutzungsangebot, wenngleich die lärmintensiven Sportangebote und deren Nähe zur Wohnbebauung hinterfragt wurden. Ein großzügiger Quartiersplatz bildet den Übergang zum Landschaftraum. Die Kita besticht durch ihre zentrale Lage und grüne Einbettung. „Insgesamt stellt der Entwurf einen überzeugenden Vorschlag dar, der ein neues Bindeglied zwischen Bieber und Waldhof glaubwürdig in den Vordergrund stellt und zugleich die bestehenden und neuen Quartiere auf attraktive Weise miteinander verbindet. Am zentralen Freiraum, seinen Nutzungen und Qualitäten sowie der querenden Erschließungsstraße scheiden sich die Geister“, lautete das Fazit der Jury.
Die mit dem dritten Preis prämierte Arbeit der Thomas Schüler Architekten Stadtplaner aus Düsseldorf mit faktorgruen Landschaftsarchitekten (Freiburg) sieht drei klar ablesbare Quartiere vor, die durch eine angerartige Erschließungsachse an die Seligenstädter Straße angebunden sind. Die Quartiere sind in mehrere Baufelder unterteilt, die eine gute Abstufung von halböffentlichen und privaten Räumen aufweisen und eine hohe Wohnqualität versprechen. Von der Seligenstädter Straße aus öffnet sich die Angerstraße trichterförmig mit einer einladenden Geste zum neuen Baugebiet. In die Grünflächen der Angerstraße sind Spielflächen, Treffpunkte und andere Nutzungen integriert. Auch der zentrale Platz im mittleren Quartier konnte überzeugen. „Insgesamt ist der Entwurf klar strukturiert und weist eine übersichtliche Erschließung auf. Die potenziell hohe Wohnqualität wird durch die Dominanz des MIV erheblich eingeschränkt“, urteilten die Preisrichter.
Mit einer Anerkennung würdigte die Jury den kompakten Entwurf der prosa Architektur + Stadtplanung (Darmstadt) mit AOLandschaftsarchitekten (Mainz). Losgelöst vom Bestand präsentieren die Verfasser eine „Insel“ aus sechs Blöcken mit unterschiedlichen Wohnungstypologien und innenliegenden Gärten. Die städtebauliche Anbindung an den Bestand wurde als attraktives »grünes Band« bewertet, sei aber zugleich auch die „Achillesferse“ des Entwurfs, da sie eine starke räumliche Trennung schaffe.
Das Preisgericht, dem der Architekt und Stadtplaner Prof. Dr. Franz Pesch vorsaß, empfahl die Entwicklung der Wohnbauflächen zwischen Bieber und Waldhof auf Basis des erstplatzieren Entwurfs weiterzuverfolgen.
Lena Pröhl